Mittwoch, 6. April 2016

Die liebe Tradition

Aus der lebendigen Tradition des Glaubens dürfe kein starres System von Sätzen und Normen gemacht werden, betonte der Erfurter Altbischof Wanke bei einem Vortrag in Leipzig. Tradition im katholischen Sinn sei nicht "ein Weiterreichen des immer Gleichen", sondern vielmehr ein Wachstumsvorgang. Falsch wäre es, am Buchstaben festzukleben, die eigentliche Intention des Gottesgebotes zu vergessen und an den menschlichen Realitäten vorbeizusehen. [Fundstelle]

Das ist eine erfreulich weltoffene Position, denn genau das, was der Bischof kritisiert, passiert in der Kirche in einem Maß, das man nach dem Zweiten Vatikanum "eigentlich" nicht mehr erwartet hätte. Die "Tradition" wird absolut gesetzt, wird eins zu eins weitergereicht, und man übersieht geflissentlich, dass in der Vergangenheit oft und kräftig um Glaubensinhalte gestritten wurde. 

Petrus und Paulus zum Beispiel hatten eine massive Auseinandersetzung um den richtigen Weg der noch jungen "Kirchengemeinde". Sie konnten sich zum Glück nicht gegenseitig exkommunizieren, sondern haben ihre beiden Vorgehensweisen gegenseitig akzeptiert. Warum war das bei Hus oder bei Luther, um nur zwei herausragende Kirchenkritiker zu nennen, nicht möglich? Ihre berechtigten Auffassungen wurden nicht akzeptiert, sondern man hat sich beider schnell entledigt. Der eine wurde verbrannt, der andere exkommuniziert.

Hätte der heutige Papst, wenn er damals gelebt hätte, so eine Behandlung etwa auch zu fürchten gehabt?





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