Sonntag, 18. Juni 2017

Fronleichnam oder Folklore?

Heute geraten wir unversehens in eine (nachgeholte) Fronleichnamsprozession in Schlehdorf am Kochelsee.




Schön und farbenprächtig, hat fast was Folkloristisches. Aber hier ist es nicht schiere Folklore, hier ist es noch "echt". Es wirkt zumindest so.

Jesus Christus wird in Gestalt einer Hostie in einer Monstranz durch den Ort getragen? Wenn es nur nicht so magisch-verdinglicht gesehen würde! Als ob Gott in einer Hostie mehr präsent wäre als sonst in seiner Schöpfung. Man spricht vom "Allerheiligsten", aber: Was ist das Aller-heiligste, wenn Gott doch schon als heilig bezeichnet wird?

Sollte man nicht eine Prozession ohne Hostie und ohne Monstranz veranstalten mit dem Gedanken, die Präsenz Christi und die Präsenz Gottes zu feiern. Einfach so. Seine Präsenz in allem, was ist! Dann könnte ich mich auch wieder beteiligen ...













Sonntag, 4. Juni 2017

Pfingsten, das liebliche Fest?

Hier eine zwar lange, aber doch lesenswerte Pfingstpredigt.

Pfingsten hat mit Loslassen zu tun, ein guter Gedanke. Nur wenn ich Altes loslasse, alte Vorstellungen und Erwartungen, kann Neues kommen. Das ist zum Beispiel die Erfahrung von Menschen, die Zen-Meditation üben. "Leib und Seele sind mir ausgefallen", hat ein Zen-Meister nach seiner ersten großen Erleuchtungserfahrung gerufen. Er hatte losgelassen, letztlich sein Ego, sich selbst.

Ähnliches mag den Anhängern Jesu widerfahren sein. Sie hatten sich 50 Tage nach Ostern zu einem jüdischen Fest versammelt, hatten den Tod Jesu nun innerlich angenommen, hatten endlich akzeptieren können, dass er es nicht als seine Aufgabe gesehen hatte, Israel aus der Hand der römischen Besatzer zu befreien, sondern dass er einen schmachvollen Tod gestorben war, sie hatten wohl ihren Schockzustand überwunden. Und da war nun Platz für eine neue Erfahrung, für das "Kommen des Geistes", wie ihre Erfahrung umschrieben wird.

Ein "liebliches Fest" im Goetheschen Sinne ist Pfingsten mit Sicherheit nicht.

Im Katholizismus hingegen wurde der "Geist", der "heilige Geist", wie so vieles andere auch, verdinglicht. Jesus habe den Geist gesandt, und dieser Geist, so die unterschwellige Haltung, werde es dann schon richten, er werde zum Beispiel dafür sorgen, dass der richtige Papst gewählt wird u.v.a.m. Die Kirche, gerade sie, müsste loslassen, müsste ihre Glaubenssätze und frommen Konstruktionen loslassen. Erst dann kann Pfingsten kommen, kann Pfingsten sein.

Pfingsten ist kein einmaliges Erlebnis, vor 2000 Jahren schon dagewesen und erledigt. Pfingsten ist ein fortwährender Prozess, der jeden einzelnen betrifft.












Freitag, 2. Juni 2017

Woran glaubst du?

"Ich glaube an Gott, der die Liebe und Güte ist ..., und woran glaubst du?", so wurde ich kürzlich auf Twitter gefragt.

Was soll ich antworten? Nichts leichter als das. Selbstverständlich glaube ich auch an Gott. Und doch habe ich mit der Antwort gezögert und zögere immer noch? Was glaube ich wirklich?

Glauben wir, mich eingeschlossen, nicht alle - die meisten wenigstens - an einen anthropomorph konstruierten Gott? Eckhart Tolle, der weltbekannte Mystiker unserer Zeit, will das Wort "Gott" vermeiden, denn wenn wir "Gott" sagen, dann impliziert das bereits ein Gegenüber, eine Person, eine Wesenheit, einen Geist oder was auch immer, der außerhalb von uns ist, getrennt von uns, den wir damit ansprechen, den wir anbeten und verehren wollen. Aber Gott ist kein Gegenüber, Eckhart Tolle wird nicht müde, das zu betonen. Er schlägt vor, statt dessen das Wort "Sein" zu verwenden, unter dem man sich nur schwer etwas vorstellen kann. Gott ist so sehr mit seiner Schöpfung verwoben, dass eine Trennung nicht möglich ist.

Chuang Tzu sagt: Wenn einer nach dem Tao fragt und ein anderer antwortet ihm, dann wissen sie es beide nicht. Gleiches gilt von Gott. 

Um ein Wort von Willigis Jäger abzuwandeln: Gott will nicht geglaubt werden, er will gelebt werden, denn ER und ich sind EINS. So wie die Welle und das Meer EINS sind.

Sehr gut gefallen mir folgende Gedanken: "Der Ganzheit ist es gleich, durch welche Form sie erblüht. Sie sucht nur die Öffnung, durch welche sie erblühen kann. Es ist nicht so, dass die Form auf irgendeine Weise besonders ist. Das Gegenteil ist wahr: Durch die Erkenntnis der Nichtheit dieser Form, ihrer Nichtigkeit, ihrer Nicht-Besonderheit, kommt plötzlich, wo eine Form gewesen war, eine Transparenz. Es ist die Bestimmung der Form, dafür transparent zu werden [...] Gott kennt Personen nicht einmal. Gott will durch die Öffnungen gehen ... Es hält Ausschau - das ist nun bildlich gesprochen - es ist wie ein Licht, das leuchtet und Ausschau hält, wo das Loch ist, durch das es scheinen kann [...].
[aus: Eckhart Tolle Sri Aurobindo. Ein neues Denken.Ein neuer Mensch.Eine neue Welt. Aquamarin Verlag]

Was glaube ich nun wirklich?

Die Antwort muss noch eine Zeitlang warten, so lange, bis ich dafür transparent genug bin.