Montag, 31. August 2015

Immer wieder Marx

Wieder beruft sich der Münchner Kardinal Marx in einem Interview (Kamingespräch mit dem Fernsehsender Phoenix) auf die lange Tradition der Kirche und auf Entscheidungen des vorletzten Papstes (quello santo subito!).

Nein, nein, da mag eher die Welt untergehen, als daß die wiederverheirateten Geschiedenen zur Kommunion zugelassen werden. Wo kämen wir denn hin in unserer verknöcherten Kirche?

Und die Ehe? Sie sei eine lebenslange Verbindung und auf die Zeugung von Kindern ausgerichtet. Sic!

Ihr selbstgerechten alten Männer, tretet endlich heraus aus dem Mittelalter und werft eure seltsamen selbstgemachten Dogmen dorthin, wohin sie gehören: Auf den Müll! Und lest einmal bei Anselm Jopp nach (in seinem Buch "Es ist Zeit"), wie die seit 1563 geltende Praxis rasch zu überwinden ist.

Sonntag, 30. August 2015

Selbstgebastelte Ideologie

Aus einer Predigt von Prior Ralph Greis OSB am 28. Juni 2015 in der Dormitio, Jerusalem

Ich glaube, daß jeder religiöse Fanatismus und alle pseudoreligiös motivierte Gewalt ihre Wurzel letztlich darin haben, daß Menschen den Platz Gottes zu übernehmen versuchen, bewußt oder unbewußt. Sie projizieren ihre eigenen kranken Phantasien an die Wand, halten ihre eigenen Blähungen für das berauschende Wehen des Heiligen Geistes, verwechseln ihre selbstgebastelte Ideologie wie einen Götzen mit dem lebendigen Gott - und schlagen los, um angebliche Gottesstaaten zu errichten, die nicht Leben und Freude, sondern Tod und Tränen bringen, die niemals das Reich Gottes sein können, ganz gleich in welcher Religion.

Der Schluß des Zitats legt nahe, daß der Sprecher seine eigene Kirche, den Katholizismus, von seiner Kritik nicht ausgenommen hat. Die Parallelen sind offensichtlich.

Samstag, 29. August 2015

Zwei Fragen

Zwei Fragen, die mich oft beschäftigt haben: Wie kommen Menschen dazu, anderen vorzuschreiben, was sie zu glauben haben? Was geht in Menschen vor, daß sie diesen "Glauben" dann tatsächlich übernehmen?

Die Antwort auf die erste Frage hat sicherlich mit Machtausübung zu tun, mit Festigung der Herrschaft. Cuius regio eius religio hieß es vor nicht allzu langer Zeit. Und die Antwort auf die zweite Frage dürfte im Bedürfnis der Menschen nach Zugehörigkeit zu finden sein. Wenn ich mich gegen die herrschende Meinung stelle, werde ich ausgestoßen, werde ich als Staatsfeind verfolgt oder exkommuniziert.

Kein Kirchenmitglied kann alles das glauben, was die Kirche ihm zu glauben "vorstellt", das ist schlichtweg unmöglich, und schon Rahner hat von einem Auswahlchristentum gesprochen. Es wäre interessant zu erfahren, was die hohen Würdenträger persönlich glauben: also nicht das, was sie verkünden, sondern was sie wirklich glauben.

Freitag, 28. August 2015

Die große Mutter

Bis ins Mittelalter hinein blieb die "fressende", "vertilgende" Kraft der "Großen Mutter" bewußt. Ihr seltsames Symbol innerhalb des Katholizismus waren die Marien-Statuen der Vierge ouvrante: Wenn ihre Flügeltüren geschlossen waren, sah die vierge wirklich aus wie die Jungfrau - das Jesuskind und den Weltapfel in der Hand. Wenn sie sich aber öffneten, sah man in ihrem Leib: Gottvater zwischen den Brüsten und tief verborgen im Uterus: den gekreuzigten Christus und manchmal auch noch die Taube des Heiligen Geistes. Die "Mutter" war größer als sie alle, sie umfaßte und enthielt sie, sie hatte sie buchstäblich gefressen! Kein Wunder, daß die Kirche schließlich derartige Darstellungen verbot!
Keiner schüttelt sich, wenn ihm der Pfarrer den Kelch reicht und sagt: Christi Blut. Und die Oblate: Christi Leib. In diesem Moment trinken und essen wir noch immer, was wir in den Kulturen der "Großen Mutter" Hunderttausende von Jahren lang zu uns genommen haben: Menschenblut und Menschenfleisch. Wir sind darüber geblieben, "was man salopp ein 'Muttersöhnchen' nennt" (Ken Wilber).

[aus Joachim Ernst Behrendt: Das Dritte Ohr]

Donnerstag, 27. August 2015

Wer hat schon Angst vor Gott?

Vor vielen Jahren, als ich noch Kirchgänger war: Der Gemeindepfarrer des Ortes, in dem ich damals lebte, sagt in einer Predigt, er sei so froh um seinen Glauben und könne nicht verstehen, wie Menschen Angst vor Gott haben können.

Ich habe mich damals über diese Äußerung geärgert, fühlte mich fast verhöhnt, auch wenn sie sicherlich so nicht gemeint war. Wer hat schon Angst vor Gott, der doch die Liebe ist? Viele Kirchenmitglieder hatten viele Jahre und Jahrzehnte lang diese Angst, denn die Kirche selbst war es, die sie induziert hat. Schon bei unserer Geburt tragen wir die große Schuld der "Erbsünde" mit uns, so groß war unsere Schuld, daß Jesus für uns als "Sühneopfer" sterben mußte. Und dieses "Opfer" wird bei jeder Messfeier "gegenwärtig gesetzt".

Und dann die unzähligen Gebote und Verbote, Vorschriften und Regelungen, die die Gläubigen nicht erfüllen konnten, nicht einmal die gutwilligen. So erinnere ich mich an meine Großtante, damals schon eine betagte alte Dame, die einmal erwähnte, wie sehr sie und ihr Mann unter der Weisung gelitten hätten, sexuelles Beisammensein in der Ehe sei nur mit dem Ziel der Zeugung "erlaubt". Wie sagte schon Jesus: Sie bürden anderen schwere Lasten auf, die sie selbst nicht zu tragen vermögen.

Von diesen Dingen will die Kirche und wollen die "Gläubigen" heute nichts mehr wissen. Das ist alles schon so lange her. Stimmt das denn? Nein, es stimmt nicht, es ist nicht schon lange her, diese Haltung ist in der Kirche immer noch virulent.

Mittwoch, 26. August 2015

Sie oder Er?

Der Papst stirbt. Herzstillstand. Einem der Ärzte gelingt es, das Herz wieder zum Schlagen zu bringen. Der Heilige Vater kehrt ins Leben zurück. Kardinäle und Bischöfe umstehen das Krankenbett - Aufschluß erwartend, aus erster Hand, über die entscheidende Frage: Wer ist Gott? Der Papst schlägt die Augen auf. Die geistlichen Herren bedrängen ihn: Was hast du gesehen? Wie sieht Er aus? Der Heilige Vater - offensichtlich erschüttert - stockend und stotternd: SIE ... IST  ... SCHWARZ.

[Kalifornischer Underground Joke, Sommer 1984.
Gefunden in Joachim Ernst Berendt: Das Dritte Ohr]

Dienstag, 25. August 2015

Selber schöpfen

Ein Mann stand vor dem Fluß und verkaufte Flußwasser. DasVolk kam in Scharen zu ihm, und er machte gute Geschäfte. Als die Menschen aber den Fluß selbst entdeckten und dort Wasser schöpften, konnte er nichts mehr verkaufen.

[nach Anthony de Mello]

Montag, 24. August 2015

Gottersvergiftung

Tilman Moser, Psychoanalytiker, beschreibt in seinem Buch "Gottesvergiftung" seine religiöse Erziehung und sein Leiden an Gott.

"Was wird der liebe Gott dazu sagen? Durch diesen Satz war ich früh meiner eigenen inneren Gerichtsbarkeit überlassen worden. Im Grunde mussten die Eltern gar nicht mehr sehr viel Erziehungsarbeit leisten der Kampf um das, was ich tun und lassen durfte, vollzog sich nicht mit ihnen als menschliche Instanz, mit der es einen gewissen Verhandlungsspielraum gegeben hätte, sondern die Selbstzucht, wie das genannt wurde, war mir überlassen, oder besser, der rasch anwachsenden Gotteskrankheit in mir. ...

Über seelische Vorgänge, gar über Ängste, wurde in unserer Familie nicht geredet. So war ich deinem Wüten in mir ausgeliefert und hatte nicht einmal den Gedanken daran, dass es irgendwo Entlastung geben könnte. Dein Hauptkennzeichen für mich ist Erbarmungslosigkeit. Du hattest so viel an mir verboten, dass ich nicht mehr zu lieben war. ...

Ich habe dich, wie es mir deine Diener nahe legten, angestaunt ob deiner Güte, Abraham den Isaak nicht schlachten zu lassen. ... Bei deinem eigenen Sohn warst du dann ungenierter und hast deinem Sadismus freien Lauf gelassen. Man hat mir weismachen wollen, dass du mit seiner Opferung am Kreuz den neuen Bund der Liebe hast einläuten wollen. Und wiederum habe ich versucht, auf allgemeine Aufforderung hin, dich anzustaunen, weil du für mich armen Sünder deinen einzigen Sohn geopfert hast. ... "

Soll man diesen Aufschrei einer gequälten Seele als Einzelfall abtun? Nein, das kann man nicht. Groß ist die Zahl derer, die unter dem Joch der Kirche, nicht nur der katholischen, gelitten haben.




Sonntag, 23. August 2015

Das Tao

Wenn jemand nach dem Tao fragt,
und ein anderer antwortet ihm,
dann weiß es keiner von beiden.

[Chuang-tzu]

Mit Gott verhält es sich genau so. Theologen und andere Kirchenvertreter schreiben lange, tiefgründige Bücher über Gott, sie erfinden Dogmen und bestrafen Andersdenkende. Was wissen sie wirklich?

Samstag, 22. August 2015

Religion als Erfahrung

William James, Psychologe und Philosoph, befaßt sich mit Religion als Erfahrung. Religion als religiöse Erfahrung stellt er gegen eine Bestimmung von Religion als Fürwahrhalten eines Systems dogmatischer Lehrsätze.

In seinem berühmten Werk "Die Vielfalt religiöser Erfahrung" beschreibt er u. a. die Wirklichkeit des Unsichtbaren, schildert den Bekehrungsprozeß, beschäftigt sich ausführlich mit Heiligkeit und Mystik ...

"... der ursprüngliche Faktor", schreibt William James, "bei der Fixierung der Götterbilder muß stets psychologisch gewesen sein. Die Gottheiten, für die die Propheten, Seher und Gläubigen, die den besonderen Kult gründeten, Zeugnis ablegten, besaßen irgendeinen persönlichen Wert für sie. Sie konnten ihn gebrauchen. Er leitete ihre Phantasie, gab ihnen Hoffnung und kontrollierte ihren Willen - oder andernfalls benötigten sie ihn als Schutz gegen den Dämon und einen Zügel für anderer Leute Verbrechen. Auf jeden Fall erwählten sie ihn wegen der Früchte, die er ihnen zu gewähren schien. Sobald die Früchte anfingen, ziemlich wertlos zu scheinen, sobald sie mit unaufgeblichen menschlichen Idealen in Konflikt gerieten oder andere Werte zu weitgehend verletzten, sobald sie der Reflexion als kindisch erschienen - verächtlich oder unmoralisch -, wurde die Gottheit unglaubwürdig und über kurz oder lang mißachtet und vergessen. Auf diesem Weg mußten die griechischen und römischen Götter auf Glauben bei gebildeten Heiden verzichten, in dieser Art beurteilen wir selber die hinduistische, buddhistische und mohammedanische Theologie, Protestanten sind so mit den katholischen Begriffen der Gottheit verfahren und liberale Protestanten mit den Begriffen des älteren Protestantismus; auf diese Weise beurteilen die Chinesen uns und werden wir alle, die wir jetzt leben, von unseren Nachkommen beurteilt werden. ...  Nur wenige geschichtliche Veränderungen sind merkwürdiger als dieser Wandel der theologischen Meinung."

Freitag, 21. August 2015

Im Besitz der Wahrheit

Die Geschichte der Christenheit ist sicher ein Paradebeispiel dafür, wie die Überzeugung, allein im Besitz der Wahrheit zu sein, also Recht zu haben, das Handeln und Verhalten bis zum Irrsinn korrumpieren kann. Jahrhundertelang galt es als rechtens, Menschen zu foltern und bei lebendigem Leibe zu verbrennen, sobald ihre Auffassung auch nur geringfügig von der Kirchendoktrin oder der engen Auslegung der Schriften (der "Wahrheit") abwich, weil die Opfer angeblich im "Unrecht" waren. So groß war ihr Unrecht, daß sie getötet werden mußten. Die "Wahrheit" wurde wichtiger genommen als ein Menschenleben. Und was war die Wahrheit? Eine Geschichte, an die man glauben mußte, das heißt, ein Haufen Gedanken.

[Eckhart Tolle: Eine neue Erde]

Donnerstag, 20. August 2015

Leviten?

ZdK-Präsident Alois Glück hält in der Katholischen Akademie in München einen engagierten Vortrag zur Situation in der Kirche. Er liest den Verantwortlichen zwar nicht die "Leviten", aber er spricht - in durchaus nobler Weise - klare Worte. Wer hören kann, der konnte u.a. folgendes hören:

- Es sei Kernaufgabe von Führungskräften, die Zeichen der Zeit zu erkennen und daraus die richtigen Folgerungen zu ziehen.
- Hinhaltender Widerstand, um dann ehrenvoll zu kapitulieren. So ähnlich erlebe er heute weithin auch die kirchliche Situation.
- Es gehe um die Frage: Wandel gestalten oder Wandel erleiden?
- Wo es keine angstfreie Kommunikation gibt, kann es keine innere Lebendigkeit geben. In der Kirche sei das Wirkmuster Angst - Verkrampfung - Kontrolle - Lähmung über Jahrzehnte sehr wirksam gewesen.
- Gegenwärtig sei eine Zunahme der Polarisierungen zu beobachten.
- In der Bischofssynode werde es wahrscheinlich auch um Grundsatzfragen gehen, wie etwa darum, ob Lehre etwas fest Fixiertes ist oder ob sie auch als Prozeß verstanden werden kann. Zu klären sei, wie die Rolle der Tradition zu verstehen ist.
- Er frage sich, woher die wachsende Aggressivität in der innerkirchlichen Debatte komme.
- Kardinal Ratzinger habe in einem Interview gesagt, daß es so viele Wege zu Gott gebe wie es Menschen gebe. Aber das kirchliche Verhalten sei sehr oft völlig anders. ... Es gehe um das Monopol der Deutungshoheit, um den Alleinvertretungsanspruch, um Ausgrenzung und Verurteilung. Mit dem Zweck, nämlich dem Anspruch auf Wahrheit, würden dann auch Stil und Mittel "gerechtfertigt".
- Struktur und Ämter seien kein Selbstzweck.
- Wir bräuchten jetzt dringend Theologen mit Qualität und mit Mut, die neue Wege erschließen ...
- Mit der Tatsache, daß erstmals ein Nicht-Europäer Papst sei, werde sich in der Kirche etwas entwickeln, wie wir es im Globalisierungsprozeß längst kennen: Nämlich, daß das europäische Denken nicht mehr der Mittelpunkt der Welt ist.
- "Wir reden über europäische Werte, wissen aber häufig nicht, was wir damit meinen. Wir reden über die Bedeutung christlicher Werte als Orientierung, bleiben dann aber weitgehend sprachlos, wenn wir beantworten müssen, was damit gemeint ist."
-  Es gebe einen grundlegenden Machtverlust der Kirchen auf die Lebensführung der einzelnen Menschen.
- Abschied von der Macht ohne lähmende Ängstlichkeit. Unser Weg sei der einer hörenden und dienenden Kirche, die sich nicht Selbstzweck ist.

Mutige Worte, eine Botschaft, die es in sich hat!

Mittwoch, 19. August 2015

Der Papst auf Twitter

Der Papst betätige sich nicht aktiv auf den sozialen Medien, habe ich irgendwo gelesen. Und doch gibt es auf Twitter päpstliche accounts (zum Beispiel @pontifex.de) in verschiedenen Sprachen, auch in Latein.

Da finden sich folgende Kurzbotschaften:
- Wenn wir die barmherzige Liebe des Vaters selbst erfahren, können wir diese Freude besser mit den Mitmenschen teilen. ...
- Maria ist voll der Gnade. Sie bietet uns in den Augenblicken der Versuchung eine sichere Zuflucht. ...
- Wir alle sind Sünder. Lassen wir uns von der Barmherzigkeit Gottes verwandeln. ...

Das geht alles konform mit dem Lehramt, könnte so oder ähnlich in Katechismen stehen. Und wirkt wohl gerade deshalb wenig ansprechend, blutleer, nicht überzeugend. Wen glaubt der Papst (oder ein von ihm beauftragter Kurienmitarbeiter) damit erreichen zu können? Die Texte sind kontraproduktiv.

ZdK-Präsident Alois Glück spricht klar von Menschen, "die wir mit unserer traditionellen Sprache gar nicht erreichen" ... "Starke Gesinnung allein bewegt gar nichts ... dadurch wird nichts bewegt, es endet meist in Polarisierung."

Die "Botschaften" Eckhart Tolles klingen anders:
Schau einen Baum an, lasse dir Zeit, nimm seine Stille wahr, nimm wahr, wie tief im Sein er verwurzelt ist - und werde dir dadurch deiner eigenen Stille, deiner eigenen Tiefe gewahr. (Zit. aus dem Gedächtnis)

Was hat der Mystiker Tolle, was der Jesuit Bergoglio, jetzt Papst Franziskus, nicht hat?


Dienstag, 18. August 2015

Und immer wieder Barmherzigkeit

Am Aschermittwoch 2016 will der Papst "Missionare der Barmherzigkeit" aussenden, sie sollen u.a. Volksmissionen durchführen und das Recht haben, Sünden zu vergeben, die sonst nur der Heilige Stuhl vergeben kann. Aha! Mir sträuben sich die Haare. Auch die nicht mehr vorhandenen. (Quelle: http://www.im.va/content/gdm/de/partecipa/missionari.html)

Sollte nicht die Kirchenleitung selbst Botschafter der Barmherzigkeit sein und mit einem längst überfälligen Akt der Barmherzigkeit beginnen, indem sie zum Beispiel den unseligen Zölibat aufhebt?

Solange kirchliche Vorschriften und selbstgemachte Dogmen wichtiger sind als der Mensch, klingt das Reden von Barmherzigkeit hohl und unglaubwürdig.

Jesus war barmherzig: Nicht der Mensch ist für den Sabbat da, sagte er an die Adresse des damaligen theologischen Establishments, sondern der Sabbat für den Menschen.

Sonntag, 16. August 2015

Sünde und Buße?

Immer wieder geht es in der Kirche um Sünde. Die Pfarrer sprechen davon, die hohen Prälaten und auch der Papst. Sogar auf Twitter geht es dem Papst um das Thema Sünde.

Sündigen, was ist das? Soll ich mich an den kirchlichen Sündenkatalogen orientieren, um zu erfahren, was Sünde ist? Hamartanein heißt es im griechischen Urtext des Neuen Testaments. Hamartanein bedeutet so viel wie verfehlen. Was wird verfehlt? Der Wille Gottes, würden Kirchenvertreter vermutlich sagen.

Nachvollziehbare und wirklich hilfreiche Antworten finden sich am ehesten außerhalb des sogenannten Lehramtes, zum Beispiel bei dem Mystiker Tolle. Die eigentliche Verfehlung ist das Verharren in der Unbewußtheit, in der Identifikation mit der Struktur des Egos. Ich verfehle mich im wahren Sinn des Wortes, wenn ich in meinem Gedankenkarussel gefangen bleibe.

Was tun? Ganz einfach: Tut Buße, sagt Johannes der Täufer. Metanoeite heißt es im griechischen Urtext. Metanoeite, das heißt denkt anders, denket um. Nehmt die Bewußtheit in eurem Inneren wahr und löst euch von der Identifikation mit eurem pausenlos beschäftigten Verstand, der an seiner Vergangenheit laboriert, der sich vor der Zukunft fürchtet und der die ewige, reine Gegenwart, der das Jetzt verfehlt.

Das Jetzt ist das einzige, das uns zur Verfügung steht.

Samstag, 15. August 2015

Spiritualität und Glaube

Womöglich als Folge spiritueller Lehren, die außerhalb der etablierten Religionen aufkamen, aber auch durch den Einfluß östlicher Weisheitslehren ist eine wachsende Zahl von Anhängern traditioneller Religionen inzwischen in der Lage, die Identifikation mit Form, Dogma und starren Glaubenssystemen aufzugeben und nicht nur die in der eigenen spirituellen Tradition verborgene ursprüngliche Tiefe wiederzuentdecken, sondern auch die Tiefe im eigenen Innern. Ihnen geht auf, daß "spirituell sein" nichts mit dem zu tun hat, was man glaubt, sondern einzig vom Bewußtseinszustand abhängt.

(Eckhart Tolle: Eine neue Erde)

Frau und Kirche

Jeshua, genannt Jesus, hatte im Umgang mit Frauen kein Problem, mit vielen war er befreundet. Die sogenannten Wüstenväter allerdings hatten mit "der Frau" ihre Probleme. So hat man denn mit großer Konsequenz und zunehmender Brutalität versucht, das Weibliche aus der Kirche auszutreiben. Ganz ist es zum Glück nicht gelungen.

Umso mehr wurde später die Mutter Jesu Mirjam, genannt Maria, verehrt und fast zu einer Göttin hochstilisiert. Aus einer Dreifaltigkeit wurde peu á peu eine Vierfaltigkeit.

Im Evangelium findet sich kein Hinweis auf eine leibliche Aufnahme Mariens in den Himmel. Macht nichts, kreieren wir halt ein Dogma. Und dieses Dogma würde man, wie weiland im Fall Drewermann, als "Realmythos" verteidigen,

Donnerstag, 13. August 2015

Practise what you preach

Die hohen Herren der Kirchenleitung sind gewiß recht fromme und gottesfürchtige Menschen - wenn man von verschiedenen dunklen und sehr dunklen Seiten der Kirchengeschichte einmal absieht.

Was könnte ich ihnen dann vorhalten oder was habe ich ihnen schon vorgehalten?

Ich mache ihnen den Vorwurf, daß sie

-   von Einheit predigen, aber auf Spaltung beharren (Vereinigung mit den Protestanten nur, wenn letztere sich völlig unter römische Oberhoheit unterwerfen)

-   Gemeinschaft predigen, aber Ausschluß praktizieren (wiederverheiratete Geschiedene werden von der Kommunion ausgeschlossen, nicht aber Kleriker, die Kinder mißbraucht haben, man pocht auf selbstgemachte Dogmen)

-   von Liebe sprechen, aber Angst produzieren (Sex in der Ehe nur "erlaubt" mit dem Ziel der Produktion von Nachwuchs, Verbot von Verhütungsmitteln ...)

Practise what you preach!

Mittwoch, 12. August 2015

Papst und Bremser

Franziskus ist ein Papst mit Charisma und mit dem Willen zur Veränderung in Kurie und Kirche insgesamt. Am Beginn des Jahres hat er der Kurie die Leviten gelesen und fünfzehn "Krankheiten" benannt, die geheilt werden müssen.

Er will nun ein Jahr der Barmherzigkeit ausrufen, ein sog. heiliges Jahr, das am 8. Dezember beginnen soll. Warum gerade Barmherzigkeit? Vielleicht auch im Hinblick auf die angekündigte große Familiensynode im Oktober. Ja, Barmherzigkeit in jeglicher Form wäre angesagt. Ob sich die Synode im Oktober dazu wird durchringen können, muß sich erst noch zeigen. Zu viel der Skepsis? Noch hat die Synode nicht begonnen, da warnt ein hochrangiger deutscher Kardinal, der Vorsitzende der Bischofskonferenz, man dürfe sich von der Synode nicht zu viel erwarten. Auch der Kurienmann Gerhard Müller, seines Zeichens Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre, scheint sich quer zu legen.

Die Bremser sitzen auch, aber nicht nur im Vatikan.

Übrigens: Was heißt schon "Heiliges Jahr"? Wenn nicht jedes Jahr ein heiliges Jahr ist, wenn nicht jeder Augenblick ein heiliger Augenblick ist, dann pfeife ich auf ein päpstliches heiliges Jahr.

Dienstag, 11. August 2015

Unfähigkeit im Amt

Bischof Huonder aus Chur provoziert in Fulda beim Kongreß "Freude am Glauben" mit haarsträubenden Äußerungen zur Homosexualität. Bei den Kongreßteilnehmern findet er Zustimmung, so die NZZ v. 11.08.2015, nicht jedoch in seinem Bistum und bei seinen Amtskollegen in der Schweiz. Huonder ist seit langem umstritten und hat in seiner Diözese das Vertrauen längst verspielt.

Man könnte das als bedauerlichen Fehlgriff abtun, aber so einfach ist die Sache nicht. Irgendjemand muß ihn ja für das Bischofsamt vorgeschlagen haben und irgendjemand auf dem Stuhl Petri muß ihn zum Bischof ernannt haben. Hat man nicht gewußt, welche Geisteshaltung Huonder vertritt? Oder hat man das gewußt und ihn trotzdem oder gerade deswegen als linientreuen Parteigänger in das hohe Amt gehievt? Ich kann mir letzteres gut vorstellen. Denn Huonder ist kein Einzelfall.

Unfähigkeit unter kirchlichen Würdenträgern scheint keine Einzelerscheinung zu sein.


Montag, 10. August 2015

Hans Küng

Hans Küng, der streitbare, tapfere Kirchenmann, ist mir seit etwa 50 Jahren ein Begriff. In meiner Zeit am Abendgymnasium hatte ich ein Referat über sein damals neu erschienenes Buch "Strukturen der Kirche" vorzubereiten. Es geht meiner Erinnerung nach um Konziliarität vs. Papsttum, ein Thema, das mich heute noch interessiert und das in gewisser Weise wohl auch als Lebensthema von Küng angesehen werden kann.

Und nun hat Küng wieder ein Buch veröffentlicht. Es beschäftigt sich mit den sieben Päpsten, mit denen er in seinem Leben zu tun hatte. Der jetzige Papst Franziskus kommt darin wohl recht gut weg, fast im Sinne eines Hoffnungsträgers. Bin trotzdem nicht sicher, ob ich das Buch kaufen werde. Habe manche Bücher von Küng, zum Beispiel den dicken Wälzer "Existiert Gott", ungelesen verschenkt. Zwei seiner sehr ausführlichen biographischen Bücher habe ich gelesen. Sie gehören allerdings nicht zu denen, die ich ein zweites Mal lesen werde.

Sonntag, 9. August 2015

Gebet für den Frieden!

"Nie wieder Krieg!" Franziscus ruft zu mehr Einsatz für den Frieden auf. Vor 70 Jahren wurden Atombomben auf die Städte Hiroshima und Nagasaki abgeworfen. Mit Blick darauf sagte er, Gewalt könne nie eine Lösung sein und jeder Krieg sei eine Niederlage.

Wenn der Papst an die Kraft des Gebetes wirklich glauben würde, müßte er dringend alle Kirchenmitglieder und alle Menschen guten Willens dazu aufrufen, regelmäßig zu einer festgelegten Zeit gemeinsam für den Frieden zu beten. Zum Beispiel an jedem Montag Abend um 21.00 Uhr oder wann auch immer. Oder er könnte seine Bischöfe bitten, dies in ihren Zuständigkeitsbereichen zu initiieren.

Dieses Gebet würde durch alle Zeitzonen rund um den Erdball "rollen" und würde die Menschen in Gedanken vereinen. Es würde eine Kraft entwickeln, die immer mehr spürbar würde.

Man braucht dafür keine Kirchenräume, keine kirchlichen Würdenträger und keine vorgestanzten Texte. Beten kann jeder, der dies will.

Samstag, 8. August 2015

Purpur und Zölibat

Ob Gott wohl Freude an den purpurfarbenen, seltsamen Gewändern seiner höchsten Würdenträger hat? Ein Überbleibsel aus der römischen Kaiserzeit und Zeichen der Staatskirche.

Ob Gott wohl Freude am Zölibat seiner Diener hat? Am Zölibat, der eine von Menschen gemachte Vorschrift ist, die nicht eingehalten werden kann, weil sie widernatürlich ist und die trotzdem von Benedikt XVI als heilig bezeichnet wurde.

Freitag, 7. August 2015

Leibfeindlichkeit

Das unselige Erbe der Irrlehre, die den Menschen in einen guten und einen schlechten Teil aufspaltete, diskriminierte die Sexualität und den menschlichen Leib. Die einzige Legitimation für den Geschlechtsverkehr war nach Ansicht der theologischen Sexualexperten unter den Kirchenvätern die Zeugung von Kindern. Bei dieser Irrlehre ist es bis auf den heutigen Tag geblieben.  ... Die sexuelle Lust verdampft ... in der Theologisierung des Geschlechtsaktes.

(nach Heiner Geißler)

Donnerstag, 6. August 2015

Keine Abstriche von der Lehre

Benedikt XVI hat sein Haus wohlbestellt hinterlassen, ehe er in den Ruhestand getreten ist. Er hat den konservativen Regensburger Bischof Müller zum Chef der Glaubenskongregation gemacht. Und der waltet nun seines Amtes. Was zum Beispiel die bevorstehende Familiensynode betrifft, so sagt er in einem Interview, werde es "keine Abstriche von der Lehre" geben. Klar, wie sollte es auch. Die Kirche hat immer schon an ihren Auffassungen festgehalten. Wenn sie falsch waren: Umso schlimmer für die Betroffenen. Galileo Galilei und Giordano Bruno wissen Bescheid.

Wie viele haben sich schon die Hände schmutzig gemacht bei der Erfüllung ihrer "Aufgabe", die Lehre rein zu erhalten.

Mittwoch, 5. August 2015

Neue Töne aus dem Vatikan?

Habe zuerst meinen Augen nicht getraut, als ich heute früh auf vaticaninsider.lastampa.it via Twitter die Nachricht fand:
Francesco: I divorziati risposati non vanno trattati como scomunicati.
Später wurde das in den hiesigen Rundfunknachrichten bestätigt.

Aha, dachte ich mir, neue Töne aus dem Vatikan. Und wurde eines besseren belehrt. Die wiederverheirateten Geschiedenen werden nicht als Exkommunizierte behandelt, nein, nein, sie dürfen nur das Sakrament der Kommunion nicht empfangen. Wo ist denn da der Unterschied?

Im Protestantismus gilt die Ehe als "weltlich Ding", bei den Katholen wurde sie als Sakrament deklariert. Und die Sakramente wurden überhöht und verdinglicht, sie sind unantastbar.

Was ist ein Sakrament? Leonardo Boff sagt in seiner "Sakramentenlehre" sinngemäß: Ein Sakrament ist ein Zeichen für eine andere Wirklichkeit. So gesehen ist im Grunde alles Sichtbare ein Sakrament, denn es ist Zeichen für den ewigen Seinsgrund.

Franziskus als einzelner wird das alles nicht ändern können, so er es denn ändern will. Aber er hat zumindest erkannt, wo im Katholizismus die Dinge im Argen liegen. Schon Johannes XXIII hat ein aggiornamento versucht - und ist letztlich gescheitert. Die Aufbrüche des Konzils wurden von den Bürokraten des Vatikans zurückgestutzt und fast ungeschehen gemacht. Zumindest wurden sie totgeschwiegen.


Dienstag, 4. August 2015

Woran ich nicht glaube

Woran ich glaube und woran ich nicht glaube: Unsystematische Gedanken zu meinen Erfahrungen mit Kirche und Religion.

Wenn ich aufzählen sollte, woran ich (im kirchlichen Sinn) nicht glaube, so würde das eine sehr lange Liste. Sie wäre einfach zu erstellen, denn sie umfaßt die meisten Punkte dessen, was die Kirche "lehrt". Zu ihr gehört sogar die Institution "Kirche" selbst.

Wenn ich hingegen sagen soll, woran ich glaube, so ist das im Grunde nur sehr wenig, aber dieses Wenige hat es in sich, es ist so ungeheuerlich viel, daß es mit Worten kaum zu formulieren ist. Fast geht es mir wie weiland Augustinus: Wenn man mich nicht fragt, woran ich glaube, dann weiß ich es; fragt man mich hingegen, so kann ich es nicht sagen.

Glaube kommt vom Hören, heißt es, und das stimmt. Ich habe viele gehört und habe Vieles gelesen: Willigis Jäger etwa, oder Anthony de Mello, Neale Walsch, Hans Peter Dürr, Eckhart Tolle, Masaharu Taniguchi u. a. m. Sie haben mir dabei geholfen, mein überholtes Gottesbild abzulegen und einen neuen Zugang zu Gott zu finden.

Zu Gott? Der Quantenphysiker Hans Peter Dürr schreibt: Wenn ich von Gott rede, habe ich ihn schon verfehlt. Denn über Gott kann ich nicht reden, ich kann ihn nur erfahren. Statt "Gott" sollte man lieber "Leben" oder "Liebe" oder "Sein" sagen oder vielleicht namenloses, schöpferisches Nichts, aus dem alles kommt und zu dem alles wieder zurückkehren wird. Dieses Nichts, das Alles ist.

Das Wort Gott wirkt begrenzend, nicht nur auf Grund jahrtausendelanger Mißverständnisse und Mißbrauch, sondern auch, weil es ein anderes, von dir getrenntes Wesen beinhaltet. Gott ist das Sein selbst, kein Wesen. Es kann hier keine Subjakt-Objekt-Beziehung, keine Dualität, nicht dich und Gott geben. Gotteserkenntnis ist das Natürlichste, was es gibt. Die erstaunliche und unverständliche Tatsache ist nicht, daß du dir Gottes bewußt werden kannst, sondern daß du dir Gottes nicht bewußt bist. (Eckhart Tolle]