Samstag, 31. Dezember 2016

Schwer erträgliche Widersprüche

Ein Rückblick der anderen Art auf das Jahr 2016

-  Ausgerechnet die Kirche, eine per se unbarmherzige Institution, die ihre "Tradition" und die Dogmen über das gelebte Leben stellt, feiert das Heilige (?) Jahr der Barmherzigkeit.

-  Amoris Laetitia: Das 200 Seiten lange Résumé des Papstes zu zwei Bischofssynoden versteckt das eigentlich Wichtige in einer Fußnote.

-  Ein 30-jähriger Neuredakteur bei www.katholisch.de schreibt und argumentiert wie ein 80-jähriger Kurial-Monsignore.

-  Glaubenshüter Müller: Nur der Besuch der Sonntagsmesse sei verpflichtend, nicht aber der Kommunionempfang. Man wird also zur Teilnahme an einer Mahlfeier verpflichtet, bekommt jedoch nichts zu essen.

-  Bischöfe, die sonst stolz auf ihre Brustkreuze und ihre farbenprächtigen Roben sind, legen beim Besuch des Tempelbergs in Jerusalem die Brustkreuze ab.

-  Trotz weiter zurückgehender Zahl von Kirchenmitgliedern steigen die Einnahmen aus der Kirchensteuer.

-  Der Papst fordert, man solle den Frauen ihre Würde zurückgeben, ist aber nicht einmal bereit, ihnen das Weiheamt der Diakonin, von der Priesterin ganz zu schweigen, zu übertragen.

-  Wenn ein verheirateter Diakon zum Priester geweiht werden will, muss er nachweisen, dass er ein vir probatus ist. Von den jungen Hupfern, die sofort nach dem Studium zum Priester geweiht werden, wird das nicht verlangt.

-  Ex-Papst Ratzinger hat gesagt, er wolle im Ruhestand nur noch beten und schweigen. Letzteres tut er offensichtlich nicht, er erfreut sich jedenfalls an veröffentlichten Interviews und würde ganz gern an einem synodalen Papst-Amt teilhaben (eine Art Schatten-Papst?).

-  Hohe Amts- und Würdenträger in der Kirche wissen immer sehr genau, was die sogenannten Gläubigen zu tun und zu lassen haben, sich selbst nehmen sie aber gerne aus.






















Donnerstag, 29. Dezember 2016

Ehrenamtliche Kirche

Der Wiener Pastoraltheologe Zulehner meint, ehrenamtliche Priester seien möglich. Das Grundamt aller sei es, Mitarbeiter*innen Gottes zu sein für die Welt. [Fundstelle]

Das ist im Grunde der richtige Ansatz. Warum soll nicht der "Priester" einen bürgerlichen Beruf ausüben, um sein Brot zu verdienen? Mit der Gemeinde und mit vielen anderen Ehrenamtlichen zusammen feiert er das Abendmahl und Trauergottesdienste und vieles andere mehr. 

Weg von einem überhöhten und magischen Amtsverständnis! Weg von einer einengenden, menschengemachten Tradition! Weg von unverständlichen unverstandenen Dogmen! Weg von verdinglichten Sakramenten! Weg mit den Kurialämtern und den häufig unbarmherzigen Kurialbeamten und Würdenträgern ...

Die Kirche der Zukunft wird aus kleinen Gemeinschaften bestehen. "Wo zwei oder drei in meinem Namen beisammen sind, bin ich mitten unter ihnen", nach einem Wort, das Jesus in den Mund gelegt wurde. Jede Gemeinschaft wählt aus ihrer Mitte jene Frauen und Männer, die priesterliche Dienste ausüben sollen. 

Die Kirche hat das bisher in keiner Weise ernst genommen. Sie hat stattdessen die Menschen von Gott getrennt. Ihre Existenzberechtigung sieht sie im "Brückenbauen", obwohl gar keine Brücken notwendig sind. 

















Sonntag, 25. Dezember 2016

Ursünde?

"Es ist eine beachtliche Leistung, auf der sündenlosen Paradies-Episode die Idee einer Ursünde aufzubauen, die von so gewaltigem Ausmaß ist, dass sie noch alle Kinder und Kindeskinder Adams und Evas belasten soll. Nun ist diese Erbsünde kein Konzept, das aus der Genesis selbst stammt. Auch im Alten Testament wird nie auf den Sündenfall rekurriert, um die Existenz von Tod, Krankheit oder Leid zu erklären. Erst im Buch des Jesus Sirach (um 175 v. Chr.), das für Juden und Protestanten als apokryph - als nicht zum biblischen Kanon gehörig - gilt, taucht der fatale Satz auf: 'Die Sünde nahm ihren Anfang bei einer Frau, und um ihretwillen müssen wir alle sterben.' Nach der Zeitenwende wurde die Idee richtig populär. In der syrischen Baruch-Apokalypse heißt es: 'Was wird man von der ersten Eva sagen, dass sie der Schlange gehorcht hat, sodass zum Untergang diese ganze Menge geht und Ungezählte das Feuer verschlingt.' Auf christlicher Seite sind Paulus (ca. 5 - 64 n. Chr.) und vor allem der Kirchenvater Augustinus von Hippo (354-430 n. Chr.) für die Karriere der Ursünde verantwortlich. Letzterer ging sogar so weit, sie zur per Geschlechtsakt übertragenen Erbsünde zu erklären. ... Das Konzept der Ursünde, die zu unser aller Erbsünde geworden sein soll, hat in der Genesis keine textliche Basis. Die Ursünde ist eine späte Erfindung. Sie ist Schutt, den wir beiseiteschieben können."

[aus Carel van Schaik & Kai Michel: Das Tagebuch der Menschheit]









Predigen

" Prediger unterliegen immer wieder der Versuchung zu moralisieren. Das finde ich nicht gut, auch nicht in der Weihnachtspredigt. Die Predigten sollten aber durchaus die Augen für die Realität öffnen."

[Quelle]

Freitag, 23. Dezember 2016

Gott ist gestorben

"Gott ist unter uns gestorben einen mühsamen und qualvollen Tod, den Tod der Vergötzung, den Tod der Gleichgültigkeit, den Tod der Abgötterei. Gott hat sich abgenutzt in den vielen tausend Jahren theistischer Verehrung: zu einer quantité négligeable. wir haben ihn nicht nur getötet, sondern auch begraben unter dem Schutt verdrehter und verkehrter Verehrung, falscher, ja törichter Erwartungen, unter der Last von Denunziationen, die sich gegen all jene richten, die Gott zum Popanz, zur Marionette, zum Gebrauchsgegenstand ihrer eigenen Interessen machen, all derer, die ihn dazu benutzten, ihre Unmenschlichkeit unter seinem Namen zu verbergen."

[Rupert Lay in: Zukunft ohne  Religion]

Persönliche Frage: Machen wir nicht am Weihnachtsfest Gott immer noch oder mehr denn je zum Gebrauchsgegenstand?










Mittwoch, 21. Dezember 2016

Das Leben verstehen?


Du musst das Leben nicht verstehen,
dann wird es werden wie ein Fest.
Und lass dir jeden Tag geschehen,
so wie ein Kind im Weitergehen
von jedem Wehen
sich viele Blüten schenken lässt.

Sie aufzusammeln und zu sparen,
das kommt dem Kind nicht in den Sinn.
Es löst sie leise aus den Haaren,
drin sie so gern gefangen waren,
und hält den lieben jungen Jahren
nach neuen seine Hände hin.

[Rainer Maria Rilke]









Montag, 19. Dezember 2016

Antwort an K.M.

Katholisch.de ist das quasi offizielle Internetportal der katholischen Kirche Deutschlands. Es kann also nicht gleichgültig sein, welche Redakteure dort veröffentlichen, welche Inhalte veröffentlicht werden und welchen Eindruck der Leser beim Blick durch dieses „Portal“ von der Kirchenorganisation erhält.

Sie, Herr K.M., haben Texte veröffentlicht, die eine grundsätzlich rückwärtsgewandte Einstellung erkennen lassen.

Beispiele:

Am 20.01.2016 sagen Sie – damals noch Volontär – in einem mit „Mut zum Bekenntnis“  überschriebenen Artikel, es sei gut und theologisch unumgänglich, dass wir Christen keine allgemeine Abendmahlsgemeinschaft pflegen und sprechen sich für das Bekenntnis zu theologischen Prinzipien aus. Damit stellen Sie „Prinzipien“ höher als das gelebte Leben.

Sehen Sie nicht,

-  dass Jesus ganz anders gehandelt hat: Der Mensch ist nicht für den Sabbat da, sondern der Sabbat für den Menschen. 

-  Dass Tradition keine absolute Größe, sondern menschengemacht ist. 

-  dass Ihr persönliches Traditionsverständnis magisch verdinglicht, um nicht zu sagen fundamentalistisch ist.

-  Einiger Prinzipien wegen wurden Theologen zum Schweigen gebracht und gingen ihrer Lehrstühle verlustig,

     - wurden wurden Frauen als Hexen deklariert 
       und verbrannt,

-  Männer als Ketzer diffamiert und zum Tode verurteilt.

-  Der Prinzipien wegen hat die Inquisition ihre Schreckensherrschaft ausgeübt.

-  Auf Grund von Prinzipien wurde Jesus an die römischen Besatzer ausgeliefert, gefoltert und zu Tode gebracht."Wir haben ein Gesetz, und nach diesem Gesetz (sprich: nach diesen Prinzipien) muss er sterben."



Später, im April 2016, geht es Ihnen um die Frage: „Wie retten wir die Kirche?“

Hier vertreten Sie die Auffassung, die Kirche müsse gar nicht gerettet werden, ihre Zukunft sei gesichert, „wenn sie sich an ihren Auftrag hält: das Evangelium Jesu Christi zu verkünden“.

Wie denn das? Hier wird übersehen, dass die sogenannte "Kirche" nicht mit der Großorganisation von heute identisch ist. (Begriffsverschiebung)
Auch wird nicht bedacht, dass die Evangelien keine historischen Berichte sind, sondern theologisch reflektierte Erzählungen für die damaligen Gemeinden der Anhänger Jesu.
Und dass mit den Worten, die Jesus in diesen Erzählungen in den Mund gelegt werden, bestimmte Intentionen verfolgt werden. (Vgl. dazu auch Marcus J. Borg.)

Am 25. November verteidigen Sie die vier inzwischen sattsam bekannten Kardinäle gegen den Vorwurf, sie seien Häretiker. Sie würden nur ihre bischöfliche Aufgabe erfüllen, sagen Sie, ihre Aktion sei ein wichtiger Beitrag zu einer existenziellen Debatte der Kirche.
Ihrer Meinung nach gehört es also zu den Aufgaben emeritierter (oder auch noch nicht emeritierter) Kardinäle, den Papst mit der Veröffentlichung eines Schreibens quasi unter Zugzwang zu setzen? Meinen Sie das im Ernst?
Und was verstehen Sie unter einer existenziellen Debatte? Ich erspare es mir, hier ins Detail zu gehen, da Ihre Auffassung bereits von anderen Seiten mehrfach ad absurdum geführt wurde.

Zum Schluss erlaube ich mir folgende Fragen:

Sind Sie sich bewusst, dass Sie als Redakteur des Internetportals die katholische Kirche Deutschlands (mit-) repräsentieren?

Gibt es in Ihrem Haus einen letztverantwortlichen Redakteur oder darf jeder einzelne seine Meinungen publik machen, wie er möchte?

Glauben Sie, dass dies im Interesse der Kirche als Institution sein kann? Vielleicht sollten Sie sich darüber einmal mit einem der zuständigen Bischöfe beraten.

Als Redakteur muss Ihnen klar sein, dass Ihre Veröffentlichungen von den Lesern in sozialen Medien kritisch hinterfragt werden. Wenn Sie das nicht verkraften würden, wären Sie in einer Redaktion fehl am Platz und sollten stattdessen auf der Kanzel stehen, wo Ihnen keiner widersprechen kann. Zumindest nicht laut.

Sie selbst halte ich übrigens für ein Mitglied einer Sekte, denn Sie als 30-jähriger Neu-Redakteur argumentieren und schreiben wie ein 80-jähriger Kurial-Monsignore. Dass Sie dem Opus Dei angehören, haben Sie zwar verneint. Bleiben das Neokatechumenat oder die Legio Mariens oder viele ähnliche Gruppierungen. 


Nachtrag
Es ist zwar nicht so, dass es auf katholisch.de nicht hin und wieder interessant geschriebene Beiträge gäbe. Doch wirkt das Internetportal insgesamt eher fromm-bieder bis vernachlässigbar. Von Aufbruch oder gar Erneuerung ist nichts zu spüren. Schade.










Samstag, 17. Dezember 2016

Achtzig und nur ein bisschen greisig

Der Papst feiert heute seinen achtzigsten Geburtstag. Was hat man nicht alles angestellt, damit ihm auch zünftig gratuliert werden kann. Sogar eine eigene e-Mail Adresse wurde eingerichtet. Aber ich schreibe ihm keine e-Mail, denn die 30 Millionen elektronischen Glückwünsche wird er nicht alle lesen ... Doch wünsche ich ihm Glück für seine Vorhaben.

Im Grunde wurde schon (fast) alles  gesagt, was über den Papst gesagt werden kann. So bleibt mir nur, Kommentare zu kommentieren, zum Beispiel diesen hier. 

Der Papst habe die katholische Kirche längst schon verändert, wird gesagt. Fragt sich halt, was man unter Veränderung verstehen mag. Klar, Franziskus ist eine Hoffnungsgestalt für viele, er redet so, dass er auch von Fernstehenden verstanden werden kann. Aber handelt er auch so, wie er redet? Zuerst scheint er vorzupreschen, doch dann reiht er sich schnell wieder in die Phalanx der allzeit Rechtgläubigen ein. Die Weihe von Frauen wird es nicht geben. Punkt. Der Zölibat bleibt, wie er ist. Punkt. Die Situation von Wiederverheirateten soll im Einzelfall geprüft werden. Punkt.

Ja, was denn nun? Der Papst gefällt sich als Seelsorger. Er geht an die Ränder der Gesellschaft, frühstückt an seinem Geburtstag zusammen mit Obdachlosen. Er wohnt nicht im Palast, sondern im schlichteren Gästehaus. Das ist wirklich schön. Er will ein Beispiel geben, Zeichen setzen. Doch: Hat ihm einer seiner Kardinäle oder Bischöfe so etwas schon nachgemacht? Der Weg ist noch weit.

Die Kirche ändern? Zusammen mit einem Glaubenshüter Müller, mit einem Ex-Papst Ratzinger, mit vielen schweigenden, zaghaften Bischöfen? Nein, so wird das nicht gehen. Diese Kirche ist nicht zu ändern, das zeigt schon die eher kosmetische Kurienreform, die diesen Namen im Grunde nicht verdient.

Die Kirche, der große aufs Kirchenrecht und die sogenannte "Tradition" fixierte Überbau, wird sich erst ändern, wenn sie einsieht, dass sie weithin überflüssig ist. Dass sie auf dem Weg zu einer Gettokirche ist. Brauchen wir wirklich eine sogenannte "reine" Lehre, brauchen wir Privatmeinungen sogenannter Kirchenväter, brauchen wir, die wir keine Schäfchen (mehr) sind, Hirten und Oberhirten? Nein, und nochmals nein.

Die Kirche in ihrer jetzigen Form ist obsolet geworden. Sie hat sich (seit Konstantin) mehr und mehr zwischen die Menschen und Gott geschoben, hat von oben regiert und schöpft ihre Existenzberechtigung daraus, dass sie die Menschen mit Gott versöhnen wolle. Sie sieht nicht oder will nicht sehen, dass jeder Mensch unmittelbar Zugang zu Gott hat, dass Gott in seiner Schöpfung präsent ist, nicht nur in Tabernakeln oder in Domen und Kathedralen. Sie behandelt die Menschen wie Unmündige, die nicht selber fähig sind, ihren Weg zu Gott zu finden.

Die Quäker zum Beispiel zeigen, dass eine große Kirchenstruktur und Kleriker nicht notwendig sind. Ihr Gründer George Fox war überzeugt, dass das "innere Licht des Herrn" in den Herzen aller Menschen gegenwärtig ist. Jedes Leben sei heilig.

Fast möchte man Franziskus ein Achternbusch-Zitat zurufen: Du hast keine Chance, darum nutze sie!






















Dienstag, 13. Dezember 2016

Klerikalismus

Klerikalismus treibe die Leute aus der Kirche. Sagt der Papst. Zur Zeit Jesu hätten die Schriftgelehrten eine richtiggehende Tyrannei ausgeübt, das kasuistische, selbstgemachte Gesetz sei an die Stelle der Zehn Gebote getreten. Und heute gebe es etwas Vergleichbares, nämlich den Klerikalismus, der sich für überlegen hält und sich von den Menschen entfernt.

Klare und wahre Worte. Fehlt nur, dass der Papst Ross und Reiter genannt hätte: nämlich die Kirchenbeamten im Vatikan und die Amts- und Würdenträger überall auf der Welt, die immer sehr genau wissen, wie die anderen sich zu verhalten haben und sich selbst gern ausnehmen.

Ja, er hat wieder sehr klar und klug geredet. Fragt sich nur, ob er daraus Konsequenzen zieht, und welche. Es geht darum, ob Predigen und Handeln in Übereinstimmung sind oder nicht. Diese Frage treibt mich schon lange um, und genau dies wird in einem Artikel der SZ angesprochen. Der Papst erscheine als widersprüchlich, wird gesagt, denn er betone den Wert des freien Christengewissens, ohne aber konkret irgendetwas zu ändern. Er rede freundlich über Homosexuelle, und dann komme aus dem Vatikan ein Dekret, dass Schwule keine Priester werden dürfen. ...
Eine katholische Kirche aber, die gegenüber gewissen Menschengruppen wenig menschenfreundlich rede und handle, die beschädige den Papst ... sie kreise um sich und ihre dogmatische Unversehrtheit.

Schließlich kommt noch der Kurienerzbischof Gänswein (Vertrauter von Ratzinger und Müller) daher und sagt, die Aufhebung des Zölibats sei nicht die richtige Antwort auf den Priestermangel. Als ob das von jenen, die für die Aufhebung kämpfen, behauptet würde. Es geht schlichtweg um die Aufhebung einer unmenschlichen und längst obsolet gewordenen Bestimmung. Aber das kümmert Gänswein nicht. Er ruft dazu auf, sich in Deutschland nicht allein auf Reizthemen wie die Rolle von Frauen in der Kirche, Sexualmoral oder den Sakramentenausschluss für wiederverheiratete Geschiedene zu konzentrieren. Das seien aus weltkirchlicher Sicht nicht die tiefen Themen des Glaubens. Punkt.

Da sind wir also wieder bei jenem Klerikalismus, den der Papst verabscheut. Haben die Herren in der Kurie denn eine Ahnung davon, wie es in der Welt zugeht? Sie üben nach wie vor ihre selbstgemachte, kasuistische Tyrannei aus, wähnen sich im Besitz der Wahrheit und leben selbstgerecht am Leben vorbei. Üben sich heute schon in der Praxis jener Gettokirche, vor der Rupert Lay hellsichtig warnt.

War sonst noch was? Ach ja, der oberste deutsche Bischof, Marx, empfindet die Vorwürfe wegen der zeitweisen Abnahme der Brustkreuze auf dem Tempelberg in Jerusalem als persönlich beleidigend. In der Kritik zu stehen, ist neu für einen, der sonst von manchen fast als sakrosankt angesehen wird. Alle Seiten müssten hieraus Lehren ziehen, sagt er. Warum alle, warum nicht erst einmal die Bischöfe selbst?



























Montag, 12. Dezember 2016

Die Hirten und die Schäfchen

Da hat er wieder was gesagt, der Papst. Er hat angehende Priester aufgerufen, bei ihren "Schäfchen" zu sein. [Fundstelle]

Wenn ich mir das mitgelieferte Foto ansehe, dann frage ich mich, wer denn die Schäfchen oder die Böcklein oder die Lämmchen sind. 


Na gut, es sind "angehende" Priester, sie werden noch in ihre Rolle hineinwachsen. In welche Rolle denn?

Vater sollen sie sein, sie, die sie erst mal Nesthäkchen sind. Denn, so der Papst, ein Priester, der nicht wie ein Vater ist, nütze nichts.

Und weiter: Sie müssten vor allem die Nähe zu den Gläubigen pflegen, müssten immer für sie da sein ... Sollen das allabendliche Gebet vor dem Tabernakel pflegen.

Da stutzt der geneigte Leser schon wieder. Immer für andere da sein? Wer kann das leisten? Noch dazu ein Leben lang. Und dann noch als Zölibatärer?

Was für ein Rollenbild wird da gezeichnet? Was für ein überhöhtes, überzogenes Amtsverständnis wird hier deutlich? 

Wenn's nicht so traurig wäre, wär's doch zum Lachen. 
















Samstag, 10. Dezember 2016

Immaculata?

Vor zwei Tagen wurde in der katholischen Kirche das Fest der "unbefleckten Empfängnis Mariens" gefeiert. Eine Art "Erklärung" dazu findet sich hier.

Maria sei also ohne "Erbsünde" empfangen worden, seit 1854 ist das ein katholisches Dogma. Die Lehre von der Erbsünde gehe auf die den "Kirchenvater" Augustinus zurück, sie sei ein grundlegendes Fundament christlicher Theologie. (Warum immer nur Kirchenväter, wo bleiben die Kirchenmütter?)

"Erbsünde" werde als ein Schuldzusammenhang verstanden, in den alle Menschen hineingeboren werden. Dies werde heute gesellschaftlich interpretiert. Dem Hass, der Lüge und dem Egoismus dieser Welt könne sich niemand entziehen. So wird ein Theologie zitiert.

Da ist sie also wieder, die ewige Sünde, von der Papst Franziskus, seines Zeichens Jesuit, permanent spricht. Schon von der Zeugung an sei der Mensch mit Sünde behaftet, noch ehe er selber denken, ja nicht einmal selber atmen kann. Noch ehe er geboren und ein (hoffentlich) autonomer Mensch ist. Die Sünde trenne den Menschen von Gott, heißt es, und die Kirche stelle durch ihre Sakramente diese Verbindung wieder her. Sünde also als conditio sine qua non für die Existenz der Großorganisation namens "Kirche". Ein grundlegendes Fundament christlicher (?) oder doch eher katholischer Theologie. Dass ich nicht lache! So macht man Menschen unmündig, und man wundert sich, wenn das im 21. Jahrhundert nicht mehr geglaubt wird. So macht man sich als Kirche unglaubwürdig.

Und: Warum spricht man von der "unbefleckten" Empfängnis? Das klingt doch sehr nach Sexualität. Als ob der Mensch durch den Zeugungsakt selbst "befleckt" würde ... Auch das mag seine Wurzeln bei Augustinus haben, für den Sex ein wichtiges Thema war.

Es wäre gut, wenn die Kirche sich endlich von ihrem alten Ballast emanzipieren würde. Nein, es wäre nicht gut, es ist dringend notwendig, wenn sie nicht als Gettokirche enden will. 










Freitag, 9. Dezember 2016

Praktischer Atheismus

"Der praktische Atheismus macht sich manifest in der praktischen Gleichgültigkeit gegenüber Leben und Liebe. Er ist besonders verachtenswert, wenn er ständig von Gott redet, zu Gott betet - zu einem Gott aber, dem Lebensfeindlichkeit und Lieblosigkeit unterstellt wird, der also nur ein Götze ist.

Dass der praktische Atheismus der Lebensfeindschaft und der Lieblosigkeit (und damit der Götzendienst) sehr wohl auch in den Kirchen zu Hause ist, wird niemand leugnen. Lebensfeindlich sind etwa in den christlichen Kirche nahezu alle Elemente, die vom Manichäismus in sie hineingetragen wurden: die Verherrlichung des Leidens, die Sexualfeindlichkeit, die Ängstigung und Disziplinierung bis hin zur Androhung der Höllenstrafen. Dies alles führt nicht selten zu lebensmindernden ekklesiogenen Neurosen."
...
"Das, was da - oft mit frömmelnden Worten maskiert - praktiziert wird, ist reiner Atheismus."

[aus: Rupert Lay: Ketzer Dogmen Denkverbote. Christ sein heute]

Ich ergänze: Das sture Festhalten am lebensfeindlichen, lebensverachtenden Zölibat gehört zweifellos auch hierher.






Kirchen im Getto

Kirchen verlieren immer mehr an Bedeutung. Sie "werden vermutlich noch Jahrhunderte lang bestehen - aber es werden Kirchen im Getto sein.

Die Reduktion auf eine Gettokirche ist besonders für die römische wahrscheinlich. Als 'Kirche der Dogmen' ist sie - im Gegensatz etwa zu kalvinistischen Kirchen - im Allgemeinen Bewusstsein der vielen schon längst gestorben. Menschen werden sich in großer Zahl von ihr lossagen, ohne ihr Christentum aufgeben zu wollen, weil sie für sie zu eng wurde und zu intolerant, um glaubwürdig die Jesusbotschaft zu beherbergen und zu verkünden. ..."

[aus: Rupert Lay. Ketzer Dogmen Denkverbote. Christ sein heute]







Donnerstag, 8. Dezember 2016

Kirchen umnutzen

Ein Wiener Pfarrer fragt sich, ob es ethisch noch vertretbar sei, viel Geld in Gebäude zu investieren, die nur von einer Handvoll Menschen ein paar Stunden die Woche genutzt werden. Angesichts der Tatsache, dass Flüchtlinge auf der Straße schlafen oder Jugendliche wegen fehlender Spielräume in der Stadt Geschäfte ruinieren sollte man überlegen, nicht mehr genutzte Kirchengebäude "umzunutzen". [Fundstelle]

Grundsätzlich überlegenswert. Doch müsste man dann fragen, ob nicht andere Bauwerke, die ebenfalls nur wenig "genutzt" werden, umgenutzt werden sollten. Statt einen schönen Kirchenbau in einen Schlafsaal umzuwandeln, könnte man ihn immerhin als Museum der Öffentlichkeit zugänglich machen. Zum Beispiel den schönen Stephansdom in Wien.

Ist nicht die Kirche selbst, als Organisation, für die meisten Menschen ohne Relevanz und auf dem besten Weg, museumsreif zu werden? Leerstehende Kirchengebäude wären dann nur handgreifliche Symbole für eine andere obsolet gewordene Wirklichkeit, die sich starr an ihre "Tradition" klammert aus Angst vor Veränderungen.

Da kann man auf katholisch.de lesen, der Vatikan habe eine neue Ordnung für die Priesterausbildung erlassen. Der Kinderschutz solle einen höheren Stellenwert erhalten. Dass ich nicht lache! Das soll künftigen Priestern wirklich helfen, mit ihrer Realität als Zölibatäre zurecht zu kommen? So lange man eisern am Zölibat festhält, können noch so viele neue Ordnungen erlassen werden, und es wird nichts daran ändern, dass die Priester im Grunde unterjocht und ausgenutzt werden.

Die Prälaten-Kirche steuert sehenden Auges ihrem Ende zu.


















Mittwoch, 7. Dezember 2016

Synodalität

Der Papst wünscht mehr Synodalität, also ein gemeinschaftliches Leitungsmodell für die Kirche. [Fundstelle]

Die Ortskirchen müssten also bereit sein, mehr Verantwortung zu übernehmen und selber zu sehen, was in ihrem Bereich notwendig ist. Der Ruf nach Entscheidungen durch den Papst ist obsolet geworden. Man kann sich nicht mehr hinter der Floskel, die Kirche sei eine Weltkirche, verstecken.

Bleibt die Frage, ob die Bischöfe oder die Bischofskonferenzen den Mut haben, dies wirklich umzusetzen. Haben die Päpste Wojtyla und Ratzinger doch eher solche Bischöfe ernannt, die darauf warten, was "Rom" entscheiden mag. 











Dienstag, 6. Dezember 2016

Gebets-App

Smartphone statt Stundenbuch, Gebetszeiten online planen, Bibelverse lesen, Glaubenserfahrungen notieren. Alles das mit der neuen App2Heaven.

Klingt doch gut? Nein, klingt gar nicht gut. Klingt nach Leistungsfrömmigkeit und Buchhaltung. 17:00 Uhr bis 17:15 Uhr beten, 17:15 Uhr bis 17:20 Uhr Bibelvers lesen, dann vielleicht noch einen, weil man den gestrigen vergessen hat usw. usf. Und man kann alles archivieren und seine Leistungen vorweisen ...

Fragt sich nur: Warum noch selber beten, warum noch selber die Bibel lesen? Der intelligente Rechner und das Phone können's zuverlässiger. Man kann den Lautsprecher einschalten und sich ein paar Verse aus einem Evangelium vorlesen lassen, oder, je nach Stimmung, aus dem Buch Hiob. Und man kann das Smartphone den Rosenkranz laut beten lassen. Das spart Mühe und vor allem Zeit. Eine andere, eine moderne Version der Gebetsfahnen aus dem Himalaya.

























Samstag, 3. Dezember 2016

Immer wieder: Amoris Laetitia

Vier Kardinäle, sattsam bekannt als rechts stehend, wenden sich öffentlich gegen angebliche Unklarheiten in dem Text des Papstes "Amoris Laetitia". Der Dekan der römischen Rota, des zweithöchsten Kirchengerichts, ist der Meinung, dass hier der Entzug des Kardinalstitels durchaus denkbar wäre. Doch von anderer Seite wird das Vorgehen der rechten Vier verteidigt, sogar von einem (Jung?)Redakteur bei katholisch.de. Diese Bischöfe hätten nur getan, was ihnen aufgetragen ist. Sic! [Fundstelle] Ich frage mich, wer diesen Mann protegiert hat, so dass er Redakteur bei dem (offiziösen?) Internetportal der katholischen Kirche Deutschlands werden konnte.

Nun hat sich auch der griechisch-orthodoxe Patriarch Bartholomaios I. zu der Angelegenheit geäußert. Das Papst-Schreiben rufe die Barmherzigkeit und das Mitleiden Gottes und nicht nur moralische Normen und kirchenrechtliche Regeln ins Bewusstsein. In der Vergangenheit habe die Angst vor einem Vorschriften machenden Gott die Menschen erstickt und behindert, doch wahr sei genau das Gegenteil. Religionsführer sollten sich selbst und dann die anderen daran erinnern, dass Gott Leben, Liebe und Licht ist. [Fundstelle]

Deutlicher kann man kaum sagen, was notwendig ist. Fundamental-Katholiken könnten von Bartholomaios viel lernen, wenn sie denn wollten.