Sonntag, 31. Januar 2016

Gottesbegriff

Viele Menschen haben heute ihren Gottesglauben ohne Frage deshalb verloren, weil sie keinen anderen Weg vorfanden, tiefer in das Geheimnis Gottes einzudringen, als den hergebrachten diskursiven. Ein anthropomorpher Gottesbegriff ist für viele Menschen aber mit dem besten Willen nicht mehr vollziehbar und solange wir Gott begrifflich erfassen wollen, erfassen wir ja tatsächlich nicht ihn selbst, sondern nur ein Bild von ihm.

[Hugo M. Enomiya-Lassalle: Leben im neuen Bewußtsein]










Samstag, 30. Januar 2016

Sünde

Was wir "Sünde" nennen, ist Verweigerung der Selbsttranszendenz, das heißt die Verweigerung, das Ego zu überschreiten und sich in Liebe zum Ganzen hin zu öffnen. Wenn wir in die Evolution hineinschauen, dann bedeutet Mangel an Selbsttranszendenz - sei sie verschuldet oder unverschuldet - die Ursache für den Untergang.

[Willigis Jäger: In jedem Jetzt ist Ewigkeit]

Der Papst hat im Grunde recht, wenn er immer wieder von Sünde spricht. Aber er spricht leider von der falschen Sünde. Er und die Amtskirche scheinen die existenzielle Dringlichkeit nicht zu sehen, sie befassen sich mit Geboten und Verboten, sie sind in einer Ethik steckengeblieben, die sich mit Moral begnügt.






Freitag, 29. Januar 2016

Gegenwart Gottes

Wenn dein Herz wandert oder leidet,
bring es behutsam an seinen Platz zurück
und versetze es sanft in die Gegenwart deines Herrn.

Und selbst, wenn du in deinem Leben nichts getan hast
außer dein Herz zurückzubringen
und wieder in die Gegenwart unseres Gottes zu versetzen,
obwohl es jedesmal wieder fortlief,
nachdem du es zurückgeholt hattest,
dann hast du dein Leben wohl erfüllt.

[Franz von Sales. Zit. nach Willigis Jäger: Geh den inneren Weg]





Donnerstag, 28. Januar 2016

Heilige Orte

Es ist nicht so, als ob wir von weit her zum Ort der göttlichen Gegenwart hinpilgern müssten. Von alters her geheiligte Orte wollen Pilger nur daran erinnern, dass auch jeder andere Ort heilig ist. ... Wo immer es auch sei, du stehst auf geheiligtem Ort. Werde dir dessen bewusst! 'Zieh deine Schuhe aus von deinen Füßen!'

[David Steindl-Rast. Die Achtsamkeit des Herzens]

Was Steindl-Rast von heiligen Orten sagt, gilt in gleicher Weise auch von heiligen Pforten. Wenn nicht alle Pforten heilig sind, wenn nicht überall das torlose Tor zu finden ist, bringt eine heilige Pforte in Rom keinen zusätzlichen Akt der Barmherzigkeit. Alles andere ist Verdinglichung der Gnade und damit magisches Denken.





Mittwoch, 27. Januar 2016

Lange Predigt



Die Barmherzigkeit "drückt [dann] die Haltung Gottes gegenüber dem Sünder aus, dem er eine weitere Möglichkeit zur Reue, zur Umkehr und zum Glauben anbietet" 

Dies einer der vielen Sätze in der Botschaft des Papstes zur Fastenzeit [Fundstelle]. Je kleiner oder einförmiger der Inhalt, desto einfalls- und umfangreicher die Verpackung? Wen glaubt der Papst damit erreichen zu können?

Wirkt auf mich so, als wolle der Papst seine Botschaft allen vehement aufs Auge drücken - und wirkt gerade deshalb abstoßend. Und das permanente Reden von der Barmherzigkeit Gottes ist höchst unglaubwürdig, so lange die Kirche in unbarmherziger Weise ihre selbstgemachten Dogmen höher wertet als die Wirklichkeit der sogenannten "armen Sünder", höher als das "gelebte Leben". Und dabei übersieht, dass "Gottes Wille im Alltag zu finden" ist (Thomas Merton).

 Schade drum.

Wojtila hat der Kirche seinen polnischen Katholizismus übergestülpt, Ratzinger sein professorales Glaubensverständnis, und bei Bergoglio ist es ein in vielen Exerzitien eingeübtes jesuitisches Sündenbewußtsein. Das müsste nicht unbedingt schlecht sein, wenn es nicht in einer absolut wirkenden Ausschließlichkeit und Blindheit gegenüber anderen Lebensentwürfen geschähe.









Dienstag, 26. Januar 2016

Amtsverständnis

Zum Thema Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in der Kirche.
Bedenkenswerte Zitate aus einem Interview mit dem Fundamentaltheologen Magnus Striet (Hervorhebungen durch mich):

Im Raum der Kirche muss die Frage gestellt werden, ob nicht auch Theologie einen Anteil daran hat, dass es zu Missbrauch durch Amtsträger kommen konnte. Ich weise nur auf die hochgradig spiritualisierte Kategorie der Reinheit hin. 
...
Wenn Kirche anerkennt, dass sich die Ambivalenz der Welt in ihr selbst zeigt und sie selbst eine ambivalente Größe darstellt, dann stünde sie viel glaubwürdiger in der Welt da. Wenn man Gott als den Schöpfer des Himmels und der Erde begreift, dann hat er selbst diese Welt in all ihre Ambivalenzen und Undurchsichtigkeiten entlassen – und dann kann es auch die Kirche nur als eine solche, stets ambivalente Größe geben. Mit Verweltlichung hat dies nichts zu tun.
...
Spätestens seit den Zeiten des Augustinus wurde das Verständnis dessen, was Erlösung meint, auf die Sünde des Menschen und umgekehrt das Menschenbild auf die Sünde hin konzentriert. Etwas zugespitzt könne man sagen: So übte die Kirche Macht aus. Dies hat nicht nur zu den großen Abbrüchen der Überlieferung des Christlichen zumindest in den europäischen Gesellschaften geführt, sondern auch eine Sprachlosigkeit erzeugt, wenn es um die Opfer von Gewalt geht.
...
Von Anfang an war man sich darüber im Klaren, dass auch Amtsträger Menschen sind, die von Schuld und Sünde gezeichnet sind. Deshalb hat man versucht, die Wirksamkeit sakramentalen Handelns unabhängig von der Person zu begreifen, die die Handlungen vollzieht. Fakt ist jetzt, dass das Amt nach der Aufdeckung der Missbrauchsfälle zutiefst geschädigt worden ist. ...
Insgesamt ist die Vorstellung vom Amt in seiner hochgradig spiritualisierten Form auszunüchtern. Die Güte Gottes unter sakramentalen Zeichen wird immer von Menschen vermittelt, die die Ambivalenz des Lebens in sich tragen. 
...
Sakramentale Handlungen und die Sakramente als Zeichen der Gegenwart Gottes wollen aussagen, dass Gott mit seinem in Jesus endgültig offenbar gewordenen Versprechen, dem Menschen unbedingt treu bleiben zu wollen, in den konkreten Lebenswirklichkeiten präsent ist. An diesem Grundverständnis dessen, was sakramental meint, muss meines Erachtens nichts geändert werden. Welcher andere Gott dürfte auch die Akzeptanz von Menschen finden? Gefordert ist theologische Bildung auf den kirchlichen Feldern, dass eben dies gemeint ist und das Sakrament nichts Magisches ist. Glaubwürdig wird diese sakramentale Dimension von Kirche freilich nur, wenn diejenigen, die für diese Sakramente einstehen, sie spenden, realistische Menschen sind und nicht als Selbststilisierungen von Heiligkeit wahrgenommen werden.

[Fundstelle]





Montag, 25. Januar 2016

Kreuz

Das müssen wir auch lernen, ... , andere ihr Kreuz tragen zu sehen und es ihnen nicht abnehmen zu können. Es ist schwerer als das eigene zu tragen, aber wir kommen auch daran nicht vorbei.

[Edith Stein. Im verschlossenen Garten der Seele]





Sonntag, 24. Januar 2016

Hipp, hipp hurra?

Was bringt das "Internetportal der katholischen Kirche" dazu, zwei Videos und einen Artikel über den Babynahrungshersteller Hipp zu publizieren?

"Frage: Herr Hipp, seit fast 50 Jahren leiten Sie ein Unternehmen für Babynahrung, für das Sie laut Werbeslogan "mit ihrem Namen stehen". Aber wofür steht der Name Hipp?
Hipp: Für Produkte in höchster Bio-Qualität. Für nachhaltiges Handeln jenseits von Modeerscheinungen. Für ein Unternehmertum nach christlichen Werten."
So weit, so gut? Nein, nicht ganz. Mit einem Minimum an Recherche hätte man herausfinden können, dass Hipp 2012 den Negativpreis "goldener Windbeutel" gewonnen hat. Verbraucher wählen zuckrige Kinder-Tees zur Werbelüge des Jahres 2012, heißt es auf foodwatch.org. Hipp nahm die Produkte vom Markt, doch habe foodwatch herausgefunden, dass das kritisierte Produkt in sehr ähnlicher Form einfach weiterverkauft wird. So die Süddeutsche im August 2013. Foodwatch kritisiere vor allem, dass das Granulat für diese Früchtetees zu 94 % aus Zucker besteht.
Leider hat das die Verantwortlichen auf katholisch.de nicht interessiert. Statt dessen war ihnen wichtig:
Frage: Machen Sie als christlicher und gläubiger Unternehmer irgendetwas anders als andere?
Hipp: Als Christ handle ich nach den zehn Geboten. ...
Frage: Wie leben Sie ihn [gemeint ist: Ihren Glauben] im Alltag?
Hipp: Er leitet mich, egal, was ich gerade tue oder denke, denn ich trage ihn in mir. Zum anderen natürlich auch durch Regelmäßigkeiten wie dem allmorgendlichen Gang zur Wallfahrtskirche Herrnrast, deren Mesner ich bin, den sonntäglichen Besuch der Heiligen Messe, oder das tägliche Gebet. 
Sorry! Wirkt halt alles ziemlich verlogen.
Das vollständige Interview findet sich hier.


Samstag, 23. Januar 2016

Mechanisierte Wesen

Wie kommt es, dass unser Erziehungssystem keine wirklichen Menschen, sondern mechanisierte Wesen hervorbringt, darauf trainiert, den bestmöglichen Job zu finden und schließlich zu sterben? Erziehung, Wissenschaft und Religion haben unsere Probleme in gar keiner Weise zu lösen vermocht.

[J. Krishnamurti. Der Flug des Adlers]





Freitag, 22. Januar 2016

Andere Meere

Ein Fisch sagte zu einem anderen: "Über unserem Meer liegt sicher ein anderes Meer mit schwimmenden Wesen, die genauso leben, wie wir hier leben."
Der andere Fisch antwortete ihm: "Das ist reine Einbildung, reine Fantasie! Weißt du nicht, dass alle, die das Meer auch nur einen Zoll weit verlassen und draußen verweilen, sterben müssen? Welchen Beweis hast du also für ein anderes Leben in anderen Meeren?"

[Khalil Gibran: Der Vorbote]





Donnerstag, 21. Januar 2016

Prinzipien hoch zwei

Alles nur eine Frage von Prinzipien?

Einiger Prinzipien wegen wurden Theologen zum Schweigen gebracht und gingen ihrer Lehrstühle verlustig. Der Prinzipien wegen wurden Frauen als Hexen deklariert und verbrannt, Männer wurden als Ketzer diffamiert und zum Tode verurteilt. Der Prinzipien wegen hat die Inquisition ihre Schreckensherrschaft ausgeübt. Und auf Grund von Prinzipien war Jesus an die römischen Besatzer ausgeliefert, gefoltert und zum Tod gebracht worden: "Wir haben ein Gesetz, und nach diesem Gesetz (sprich: nach diesen Prinzipien) muss er sterben."

Auf dem Internetportal der katholischen Kirche hält ein Volontär Prinzipien für wichtiger als eine Abendmahlsgemeinschaft von Katholiken und Protestanten. Man reibt sich die Augen und fragt sich: Hat man einen greisen Kurienbeamten vor sich oder einen jungen Opus Dei-Anhänger?

Darf auf dem Portal jeder seine Privatmeinung zum besten geben?






Mittwoch, 20. Januar 2016

Eine Frage der Prinzipien

Auf der einen Seite freute ich mich über zwei Tweets:

Catholics, Orthodox and Protestants make up a "royal priesthood, a holy nation." [Fundstelle]

dürfen nicht ungeprüft an jeder Tradition festhalten, damit Neuerungen des Heiligen Geistes empfangen werden können [Fundstelle]

Und dann bringt der Tweet eines Volontärs auf katholisch.de die Ernüchterung:

Eine Ökumene, die eine Aufgabe theologischer Prinzipien fordert, sei fehlgeleitet, schreibt er. Die Gemeinschaft der Christen einfach über die Grenzen der Theologie hinweg ohne echte Antworten auf bestehende Fragen vordergründig zu verwirklichen, könne nicht der Weg sein. Dass wir Christen aufgrund dieser fehlenden Gemeinschaft auch keine allgemeine Abendmahlsgemeinschaft pflegen, sei gut so. Das sei kein "krampfhafter Versuch", an angeblich kleingläubigen Überlieferungen festzuhalten, ... sondern theologisch unumgänglich.

Hat er denn gar nichts verstanden, der Herr Volontär? 
Dass Jesus selbst ganz anders gehandelt hat: Der Mensch ist nicht für den Sabbat da, sondern der Sabbat für den Menschen. 
Dass Tradition keine absolute Größe ist, sondern menschengemacht. 
Dass sein persönliches Traditionsverständnis magisch-verdinglicht, um nicht zu sagen fundamentalistisch ist. 
Usw. usf.









Dienstag, 19. Januar 2016

Sein

Es gibt das ewige, immer gegenwärtige eine Leben jenseits der Myriaden von Lebensformen, die Geburt und Tod unterworfen sind. Viele Menschen verwenden dafür das Wort 'Gott'; ich nenne es meist 'Sein', obwohl das Wort 'Sein' ebenso wenig erklärt wie das Wort 'Gott'. 'Sein' hat allerdings den Vorteil, dass es ein offenes Konzept ist. Es reduziert das unendliche Unsichtbare nicht auf etwas Endliches. Man kann sich unmöglich eine gedankliche Vorstellung davon machen. Niemand kann einen Alleinanspruch auf das Sein geltend machen. Es ist dein Gegenwärtigsein an sich, und jeder hat durch das Gefühl der eigenen Gegenwart unmittelbar Zugang dazu. Vom Wort 'Sein' ist es nur ein kleiner Schritt zur Erfahrung des Seins.

[Eckhart Tolle: Leben im Jetzt]





Montag, 18. Januar 2016

Kleine Dinge

Die Cayce-Readings betonen ... , wie wichtig die sogenannten 'kleinen' Dinge im menschlichen Leben sind, die scheinbar unbedeutenden kleinen Worte, Taten und Handlungen des normalen Menschen im täglichen Leben, wichtig vor Gott und in ihren kosmischen Auswirkungen. ... 'Denkt daran, dass jeder Satz, jeder Gedanke eine praktische Sache ist, lebendig und aus Seinem Sein.' Tatsächlich wird die ganze Arbeit Edgar Cayces und seiner Mitarbeiter als 'praktisch angewandte Religion, als Religion der Tat' bezeichnet.

[Edgar Cayce in Das Leben von Jesus, dem Christus]





Sonntag, 17. Januar 2016

Präexistenz

Die Präexistenz Jesu Christi ist ein Glaubensthema, das von mehreren Schreibern im Neuen Testament hervorgehoben wird. Der Begriff 'Präexistenz' wird gebraucht, um der Überzeugung Ausdruck zu verleihen, dass der Mensch Jesus von Nazareth seine Existenz als ein Wesen in diesem Universum nicht mit seiner Geburt durch die Jungfrau Maria zu Beginn unserer gegenwärtigen christlichen Zeitrechnung begann; vielmehr existierte Jesus vom Anfang des Universums an in einer besonderen Beziehung zu Gott, die in verschiedener Weise im Neuen Testament beschrieben ist.

[Edgar Cayce: Das Leben von Jesus, dem Christus]






Samstag, 16. Januar 2016

Universum

Du bist nicht im Universum, du bist das Universum, bist ein essentieller Teil von ihm. Im Letzten bist du nicht eine Person, sondern ein Brennpunkt, an dem das Universum sich seiner selbst bewusst wird. Was für ein wunderbarer Gedanke.

[Eckhart Tolle]





Freitag, 15. Januar 2016

Segnen

Gesegnet seist du,
universelle Materie,
grenzenlose Dauer,
uferloser Äther - dreifacher Abgrund der Sterne,
der Atome
und der Generationen - 
du, die du unsere engen Maße 
überflutend und auflösend,
uns die Dimension Gottes offenbarst.

[Teilhard de Chardin, aus Balling: Segnen bringt Segen]





Donnerstag, 14. Januar 2016

Song of Kabir

Who are you, and whence do you come?
Where dwells that Supreme Spirit, and how 
does He have His sport with all created things?
The fire is in the wood; but hwo awakens it suddenly? Then it turns to ashes, and where goes the force of   fire?
The true guru teaches that He has neither limit nor infinitude.
Kabir says: "Brahma suits His language to the             understanding of His hearer."

[a.a.O.]





Mittwoch, 13. Januar 2016

Kabir

I am neither pious nor ungodly,
I live neither by law nor by sense,
I am neither a speaker nor hearer,
I am neither a servant nor master,
I am neither bond nor free,
I am neither detached nor attached.
I am neither none: I am near to none.
I shall go neither to hell nor to heaven.
I do all works: yet I am apart from all works.
Few comprehend my meaning: he who can
     comprehend it, he sits unmoved.
Kabir seeks neither to establish nor to destroy.

[Songs of Kabir. Translated by Rabindranath Tagore. Dover Publ.]




Dienstag, 12. Januar 2016

Weibliche Macht

Die erwachende Macht ist weiblich, das ist in Star Wars deutlich zu sehen, wenn auch nicht "mit Händen zu greifen". Frauen haben leichter Zugang zur Kraft, die von innen kommt.

Die männliche Macht der männlichen Kirche ist im Begriff abzudanken. Der Papst, der immer wieder die mütterlichen Qualitäten Gottes beschwört, ahnt etwas davon.







Montag, 11. Januar 2016

Erwachen der Macht

Das Erwachen der Macht ist eine lange, lange Angelegenheit, sie dauert mehr als zwei Zeitstunden. Mein erster Star Wars-Film, wenn ich mich nicht irre, ich war denn sehr gespannt darauf. Umso größer war meine Enttäuschung.

Trotz eines immensen szenischen Aufwands, trotz einer kaum mehr steigerungsfähigen Fülle grandioser Bilder, trotz 3D-Technik hat mich die Handlung nicht berührt, die vielen, vielen Bilder sind an mir vorbeigezogen. Das blieb alles irgendwie "draußen", hatte nichts mit mir zu tun. Schlimmer noch: Ich habe mich, warum auch immer, zunehmend gelangweilt. 

Ganz anders ein kleines Buch, das ich in diesen Tagen gelesen hatte: "Rückkehr von morgen" von George Ritchie. Die unspektakuläre, lebendige Schilderung eines Nahtoderlebnisses hat mich berührt.










Sonntag, 10. Januar 2016

Die Macht

Der alte Kampf Gut gegen Böse: viele schöne Bilder, immenser Aufwand an Technik und eine Handlung, die sich überwiegend in Ballern, Bersten, Brechen, Brabbeln erschöpft … Star Wars halt, Episode VII.
Im Grunde sind es nur zwei oder drei Sätze, die mir in Erinnerung geblieben sind: „Das Beste liegt immer vor uns, nicht hinter uns …“,  „Möge die Macht mit dir sein! …“
Letzteres klingt wie ein Segenswunsch. Gibt mir der Plot und geben mir diese zwei Sätze das Recht, den Film als Versuch zu sehen, eine unbeholfen-entmythologisierte Antwort auf die alten Fragen der Menschheit zu geben? Als Versuch, das zu erklären, was die Kirchen nicht mehr erklären können?

Wo ist der Unterschied zwischen den skurril gewandeten Figuren in Star Wars und den in kaiserlichen Gewändern einherschreitenden hohen Prälaten? Weder der Film noch die Kirchenbeamten können die Fragen der Menschen wirklich beantworten. Die Antwort muss jeder für sich selbst finden, und jeder muss den Weg wählen, der für ihn zu einer Antwort führt ...





Samstag, 9. Januar 2016

Würde

Nach den Ausschreitungen in der Silvesternacht in Köln hat der dortige Kardinal dazu aufgerufen, die Würde der Frauen zu verteidigen. [katholisch.de]

Das ist gut. Das ist richtig. Dem wäre nichts hinzuzufügen, wenn die Kirche selber die Frauen in ihrer Würde ernster nehmen würde.

Der Zugang zum Priesteramt beispielsweise ist Frauen verwehrt. Verteidigt wird die Entscheidung bis heute mit dümmlichen Argumenten: Jesus sei ein Mann gewesen, die Kirche habe das "immer schon gelehrt" usw. usf.

Pfarreien werden zu Großpfarreien zusammengelegt, nur damit ein männlicher Priester den Gottesdienst "zelebrieren" kann. Ob das noch "Gemeinde vor Ort" ist, interessiert niemanden.

Nachtrag am 22. Jan. 2016
Gestern wurde auf katholisch.de verlautbart, dass bei der Abendmahlsfeier am Gründonnerstag nun auch Frauen die Füsse gewaschen werden dürfen. Da schau mal einer an!






Freitag, 8. Januar 2016

Wo ist die Religion?

"...nichts ist so staubgrau versunken wie die Differenzen der Vergangenheit - das Heilige römische Reich, ein Witz, Religion gibt es ohnehin nicht mehr, einen Gegensatz zwischen Rom und den Barbaren, wer dürfte den im technokratischen Einheitseuropa noch zu erkennen wagen. ..." [Fundstelle]

Interessanter Essay von Martin Mosebach in der SZ zur Serie "Was ist deutsch?". Der wie beiläufig eingestreute Halbsatz: "Religion gibt es ohnehin nicht mehr" lässt mich kurz stutzen. 

Was? Religion gibt es nicht mehr? Das kann doch nicht stimmen. Betrachten wir nur die schönen, alten Kirchenbauten, in denen hochdekorierte Prälaten an Hochfesten farbenfrohe Gottesdienste feiern, hören wir doch die Kirchenglocken weit ins Land erschallen, schauen wir auf die Aktivitäten des Papstes zur Renovierung kirchlicher Strukturen ... Ist das nicht lebendige Kirche? Zeigt das nicht die Präsenz der Religion?

Nein, das stimmt so nicht. Kirche und Religion sind im Bewusstsein der Öffentlichkeit nicht mehr wirklich präsent. Wen interessiert noch, was verlautbart wird. Auch wenn man in der Asyl-Diskussion gerne und oft auf die sogenannten christlichen Werte verweist. Die Kirchenfunktionäre sind zwar weiterhin aktiv, gehen ihren täglichen Geschäften nach, melden sich gelegentlich zu Wort, aber ihr Tun wird weithin als belanglos empfunden. Es fehlt die spirituelle Kraft. Kirche und Religion sind noch da, wie ein Chitin-Panzer, das ehemals Lebendige aber ist längst vermodert. 

Was ist vermodert? Die Amtskirche, ihr Kirchenrecht und ihre Katechismusweisheiten sind für viele obsolet geworden, werden als Ärgernis empfunden. Nicht verschwunden ist hingegen eine "religio" an den Urgrund, aus dem alles kommt und in dem alles lebt. Die Sehnsucht nach dem "ganz Anderen" lebt in den Menschen weiter.








Donnerstag, 7. Januar 2016

Kreatives Gedächtnis

Es sind die geteilten Erinnerungen, die das Weltbild einer Gemeinschaft schaffen, ihr Geschichtengut - auch wenn dafür einiges umgedeutet oder übertrieben, ausgelassen oder herbeifantasiert wird. 'Das geschieht automatisch', sagt Hirst. 'Es ist eine unvermeidliche Folge sozialer Interaktion.'
Auch der Wegfall unpassender Inhalte zeigt, wie plastisch das Gedächtnis ist. Der amerikanische Psychologie Daniel Kahneman konnte nachweisen, wie stark wir Erlebtes im Rückblick raffen, verdichten und schönen - stets im Dienste eines erfreulichen, erzähltauglichen Gesamtbildes. ...

[Spiegel Nr. 1/2016: Das eingebildete Leben]

Was hier aus dem gedruckten Spiegel zitiert wird, gilt sicherlich auch für die Entstehung der kirchlichen Strukturen. Die Jesus betreffenden Geschichten wurden anfangs überwiegend mündlich tradiert, niedergeschrieben wurden die Evangelien erst 30 bis 40 Jahre nach seiner Ermordung. Man sollte also mit den Texten sehr vorsichtig umgehen. Nicht dass diese Texte per se "falsch" wären, nein, sie berichten von der "Sache Jesu", schildern sein Auftreten als Wanderprediger und Heiler, zeigen seine immense spirituelle Kraft. Doch sollte man sich hüten, zum Beispiel die Jesus zugeschriebenen Aussagen allzu buchstabengetreu zu nehmen, als "Tradition" zu hüten und unbesehen auf die heutige Situation anzuwenden. 

Was der Kirche heute fehlt, sind Menschen, die es schaffen, die "Botschaft" Jesu in unsere Zeit und für unsere Zeit zu "übersetzen".






Mittwoch, 6. Januar 2016

Trennend

"Papst: Jesus trennt nicht nach Sprache, Nation oder Kultur", heißt es heute an Epiphanie in einem Tweet der VatikanNachrichten.

Klingt gut. Jesus trennt nicht! Aber warum die Einschränkung auf Sprache, Nation oder Kultur? Er trennte nicht mal nach Arm und Reich, nach Sündern und (dem äußeren Anschein nach) Gerechten, nach Juden und ihren Erzfeinden in Samaria, nach Schriftgelehrten und einfachen Leuten ...

Die Kirche aber trennt: 
hier Gläubige und Gottgefällige - dort Ungläubige und Heiden, 
hier brave Katholiken - dort Exkommunizierte, 
hier Kirchenmitglieder - dort Schismatiker und Häretiker, 
hier die geweihten Amtsträger - dort jene, die nichts zu sagen haben, nämlich "das ganze Volk der Erlösten", 
hier männliche Priester - dort weibliche Hilfskräfte ...

Usw. usf.

Immer wieder gelingt es dem Papst, Steilvorlagen zu liefern. Er sollte versuchen nur davon zu predigen, was in der Kirche in Ordnung ist. Oder sollte illusionslos sagen, wo die Kirche hinter ihren eigenen Forderungen schlichtweg zurückbleibt. Und sollte - irgendwann - um Vergebung bitten.





Dienstag, 5. Januar 2016

Das Geheimnis

Der Schüler beklagte sich ständig gegenüber seinem Zen-Meister: Ihr verbergt das letzte Geheimnis des Zen vor mir. Und er wollte es nicht glauben, als der Meister verneinte.
Eines Tages machten beide einen Spaziergang. Unterwegs hörten sie einen Vogel singen.
   Hast du den Vogel singen hören? fragte der Meister.
   Ja, sagte der Schüler.
   Also nun weißt du, dass ich nichts vor dir verborgen habe.
   Ja, sagte der Schüler.

[nach Anthony de Mello: Warum der Vogel singt]

Wenn du wirklich einen Vogel singen hörtest, so fährt de Mello fort, wenn du wirklich einen Baum sähest,  - wüsstest du - jenseits aller Worte und Begriffe.







Montag, 4. Januar 2016

Friede

"Friede auf Erden" heißt es an Weihnachten, und Friede täte uns bitter not. Nur: Wie soll Friede im Außen werden, wenn ich nicht einmal in mir selbst Frieden haben kann?

Eckhart Tolle, der große Mystiker des 20. Jahrhunderts, schreibt: Suche keinen Frieden. Gib dich mit dem Zustand zufrieden, in dem du dich gerade befindest, statt einen anderen herbeizusehnen; sonst sind innere Konflikte und unbewusster Widerstand vorprogrammiert. Vergib dir, dass du nicht im Frieden bist. In dem Augenblick, in dem du deinen Unfrieden rückhaltlos akzeptierst, wird er sich in Frieden verwandeln. Alles, was du voll und ganz akzeptierst, wird dich hinführen, wird dir zum Frieden verhalten. Das ist das Wunder der vollkommenen Hingabe. Wenn du das annimmst, was ist, ist jeder Augenblick der Beste. Das ist Erleuchtung.

[Eckhart Tolle: Leben im Jetzt]

Tolle kommt nicht mit der Holzhammer-Vokabel "Gott", die mit so viel Angst und Leid, mit so viel Unfrieden überladen ist. 

Seine Botschaft kommt gerade deshalb an. Und er weiß wirklich, wovon er spricht, er hat das nicht in Predigtbüchern gelernt, er ist ein spiritueller "Praktiker".






Sonntag, 3. Januar 2016

Real existierender Glaube

Es sei zu einfach, den Glauben nur in seinem theoretischen System zu betrachten und die Tatsachen des gelebten, real existierenden Glaubens zu vernachlässigen.

Das sagt der Dominikanerpater Richard Nennstiel in einem lesenswerten Artikel, der mit einem Zitat des Dominikaners Georges Anawati "Ich liebe die Muslime, weil sie Gott lieben" überschrieben ist. Diese Aufforderung, nämlich die Tatsachen des gelebten, real existierenden Glaubens zu berücksichtigen, sollte sich der Vatikan auf die Fahnen schreiben.

Anawati übrigens führte zusammen mit seinen Mitbrüdern den christlich-muslimischen Dialog in Ägypten. Nach seinem Tod, 1994, bezeichnete ihn eine ägyptische Tageszeitung als "Wissenschaftler und Denker, als Pionier der Islamwissenschaften, der sein Leben der Annäherung und dem Verständnis zwischen Christen und Muslimen widmete.". Wie weit sind wir heute im Blick auf die real existierenden Verhältnisse im Vorderen Orient davon entfernt.

[Fundstelle]





Samstag, 2. Januar 2016

Kurie

Die Kurie, wie wir sie in diesen Nachkonzilsjahren konkret erfahren haben, ist nicht nur ein "scandalum", ein Stein des Anstoßes, ein Ärgernis, eine Last für die katholische Kirche, sondern auch ein Schreckgespenst für die anderen christlichen Kirchen und ein Haupthindernis auf dem Weg zum Ziel der Ökumene. ...
Man kann sich die Reform nicht radikal genug vorstellen, damit die Kurie wirklich zeit- und konzilsgemäß wird. ...

[Walbert Bühlmann: Von der Kirche träumen. 1989]

Leider hat sich bis heute, 30 Jahre nach Erscheinen des Buches von Bühlmann, nichts geändert. 






Freitag, 1. Januar 2016

Hoffnung

Jede und jeder einzelne kann hoffnungsvolle kleine Schritte tun: Mit dem, was wir (nicht) kaufen, wie wir wirtschaften, was wir essen, wo und wie wir das eigene Geld anlegen, wohin und wie wir reisen, wozu wir uns zu Wort melden, wofür und für wen wir uns einsetzen, wie wir mit uns selbst und den Menschen um uns herum wahrhaftig und barmherzig umgehen.
Der tschechische Schriftsteller und Politiker Vaclav Havel hat einmal gesagt: "Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht." Ist es nicht ein Hoffnungszeichen, dass die Zahl der Menschen wächst, die angesichts des anscheinend Unabänderlichen nicht in lähmende Hoffnungs- und Tatenlosigkeit verfallen?
Es gibt sie zunehmend: Menschen, die Abschied vom "Immer-Mehr" nehmen und nicht länger glauben, dass Lebensglück und Wohlergehen in allererster Linie vom steten Wachstum der Wirtschaft abhängen. Es gibt sie, die "Schleichwege der Hoffnung", auf denen Menschen unterwegs sind und gute Erfahrungen machen. Sie überlegen fantasievoll, ob sich nicht gemeinsam mit anderen etwas zum Besseren wenden lässt.