Donnerstag, 8. Oktober 2015

Absurdität geltenden Kirchenrechts

In einem Fazit nach ihrem Vortrag an der Katholischen Akademie München sagte die Professorin für Neutestamentliche Bibelwissenschaft an der Universität Salzburg, Dr. Marlies Gielen:

Das Wort Jesu zur Ehescheidung, das das "Recht auf Trennung" auf die an Gottes Handeln orientierte Treue und Verantwortung hin aufbricht, ist kein justitiabler Rechtssatz, sondern eine Zielvorgabe im Licht der beginnenden Gottesherrschaft. An dieser Zielvorgabe hat die urchristliche Überlieferung unverbrüchlich festgehalten. Das freilich hinderte sie nicht daran, am Wort Jesu zur Ehescheidung kulturell bedingte Adaptionen und sachliche Konzessionen vorzunehmen.
Angesichts dessen ist es geradezu paradox zu nennen, wenn die Konzession "wenn schon Trennung, dann keine Wiederheirat" jetzt in der kirchlichen Praxis als ein mit Sanktionen bewehrter, unflexibler Rechtssatz gehandhabt wird, für den sogar die Autorität Jesu selbst beansprucht wird. Vor allem die Sanktion des Ausschlusses der wiederverheirateten Geschiedenen von der Teilnahme am eucharistischen Mahl wirft ein bezeichnendes Schlaglicht auf die Absurdität der geltenden Rechtspraxis in der Katholischen Kirche.
Denn diese Sanktion missachtet konsequent, dass Jesus selbst gerade gescheiterte und sündige Menschen als seine Tischgäste willkommen geheißen hat.

[aus "Zur Debatte" 5/2015]






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