Freitag, 11. Dezember 2015

Barmherziger Gott

Wenn die Kirche barmherzig wäre, dann bräuchten wir kein Jahr der Barmherzigkeit. 

So lautete sinngemäß eine Nachricht, die ich auf Twitter erhalten habe, ihr ist im Grunde nichts hinzuzufügen. Oder doch?

Wenn die Kirche in den vielen Jahrhunderten ihrer Geschichte nicht bevorzugt den gerechten, den rächenden, ja den eifersüchtigen Gott gepredigt hätte, sondern den barmherzigen Gott, dann bräuchte es kein besonderes Jahr der Barmherzigkeit, denn dann wäre jedes Jahr ein Jahr der Barmherzigkeit. 

Brauchen "wir" dieses jetzt begonnene Jahr der Barmherzigkeit? Nein, nicht zu den Konditionen der Kirche. Der Papst selbst ist es, der dieses Jahr "braucht". Vielleicht, weil er genügend Gespür dafür hat, was in der Kirche bisher falsch gelaufen ist? Vielleicht, weil er einen kräftigen Impuls erhofft für die überfälligen Reformen, die er schon angestoßen hat oder noch anstoßen will? Mag sein. 

Der Papst selbst sagte, die Kirche brauche ein Heiliges Jahr der Barmherzigkeit, weil sie in einer Epoche des tiefgreifenden Wandels in besonderer Weise aufgerufen sei, "sichtbar Zeugnis abzulegen für Anwesenheit und Nähe Gottes". [Fundstelle]

Was wir bräuchten, das ist ein Jahr des Schuldbekenntnisses. Die Kirche als Institution müsste endlich Abbitte leisten für das Unrecht, das sie vielen Menschen zugefügt hat (Zwangsbekehrungen, Schismen u.a.), für all das Leid (und die Angst), das von ihr im Laufe der Geschichte ausgegangen ist (Hexenverbrennungen, Inquisition), sie müsste um Vergebung bitten für die Verfolgungen, denen Menschen durch sie ausgesetzt waren und sind (zum Beispiel die sogenannten Häretiker). Das wäre, so scheint es mir, ein wirklicher Akt der Barmherzigkeit.

Die Welt würde aufhorchen. Himmel und Erde würden jauchzen und singen.





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