Dienstag, 13. Dezember 2016

Klerikalismus

Klerikalismus treibe die Leute aus der Kirche. Sagt der Papst. Zur Zeit Jesu hätten die Schriftgelehrten eine richtiggehende Tyrannei ausgeübt, das kasuistische, selbstgemachte Gesetz sei an die Stelle der Zehn Gebote getreten. Und heute gebe es etwas Vergleichbares, nämlich den Klerikalismus, der sich für überlegen hält und sich von den Menschen entfernt.

Klare und wahre Worte. Fehlt nur, dass der Papst Ross und Reiter genannt hätte: nämlich die Kirchenbeamten im Vatikan und die Amts- und Würdenträger überall auf der Welt, die immer sehr genau wissen, wie die anderen sich zu verhalten haben und sich selbst gern ausnehmen.

Ja, er hat wieder sehr klar und klug geredet. Fragt sich nur, ob er daraus Konsequenzen zieht, und welche. Es geht darum, ob Predigen und Handeln in Übereinstimmung sind oder nicht. Diese Frage treibt mich schon lange um, und genau dies wird in einem Artikel der SZ angesprochen. Der Papst erscheine als widersprüchlich, wird gesagt, denn er betone den Wert des freien Christengewissens, ohne aber konkret irgendetwas zu ändern. Er rede freundlich über Homosexuelle, und dann komme aus dem Vatikan ein Dekret, dass Schwule keine Priester werden dürfen. ...
Eine katholische Kirche aber, die gegenüber gewissen Menschengruppen wenig menschenfreundlich rede und handle, die beschädige den Papst ... sie kreise um sich und ihre dogmatische Unversehrtheit.

Schließlich kommt noch der Kurienerzbischof Gänswein (Vertrauter von Ratzinger und Müller) daher und sagt, die Aufhebung des Zölibats sei nicht die richtige Antwort auf den Priestermangel. Als ob das von jenen, die für die Aufhebung kämpfen, behauptet würde. Es geht schlichtweg um die Aufhebung einer unmenschlichen und längst obsolet gewordenen Bestimmung. Aber das kümmert Gänswein nicht. Er ruft dazu auf, sich in Deutschland nicht allein auf Reizthemen wie die Rolle von Frauen in der Kirche, Sexualmoral oder den Sakramentenausschluss für wiederverheiratete Geschiedene zu konzentrieren. Das seien aus weltkirchlicher Sicht nicht die tiefen Themen des Glaubens. Punkt.

Da sind wir also wieder bei jenem Klerikalismus, den der Papst verabscheut. Haben die Herren in der Kurie denn eine Ahnung davon, wie es in der Welt zugeht? Sie üben nach wie vor ihre selbstgemachte, kasuistische Tyrannei aus, wähnen sich im Besitz der Wahrheit und leben selbstgerecht am Leben vorbei. Üben sich heute schon in der Praxis jener Gettokirche, vor der Rupert Lay hellsichtig warnt.

War sonst noch was? Ach ja, der oberste deutsche Bischof, Marx, empfindet die Vorwürfe wegen der zeitweisen Abnahme der Brustkreuze auf dem Tempelberg in Jerusalem als persönlich beleidigend. In der Kritik zu stehen, ist neu für einen, der sonst von manchen fast als sakrosankt angesehen wird. Alle Seiten müssten hieraus Lehren ziehen, sagt er. Warum alle, warum nicht erst einmal die Bischöfe selbst?



























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